Der* Christus-Mantra

 

Was ist nun das? Ein Mantra für Christus? Ist das nicht indisches Zeug? Wie kann man denn Hinduismus mit Christentum vermischen? Es geht aber nicht um ein Vermischen. Es geht nur um ein Gebet in einer traditionellen Form, die sehr wirksam sein könnte.

 

Sehr viele Menschen haben ihren Weg zu indischer Spiritualität gefunden, und manche fanden dann den Weg zurück ins Christentum, so wie ich selbst. Wir kamen – mit einer indischen Erfahrung bereichert – zum Christentum zurück. Kirchliche Theologen werden das schrecklich finden, aber: Es gibt nur eine Wahrheit – nicht wahr? Und andere Kulturen werden auch ihren Teil der Wahrheit gefunden haben. Oder glauben Sie wirklich, dass sie alle Unrecht haben, und dass alles vollständig falsch ist, was sie wissen und lehren, es sei denn, dass sie Christen würden? Das wäre wirklich sehr überheblich … Die kirchliche Variante des Christentums möchte sowohl die Wahrheit wie auch Gott monopolisieren. Aber Gott lässt sich nicht monopolisieren … Wahrheit ist, was sie ist und nicht so, wie Sie sie haben möchten … Was die Schriften wirklich lehren ist oft viel wahrer als wie Menschen sie interpretieren …

 

Stellen Sie sich das folgende Bild vor: Da ist ein hoher Berg und an dessen Spitze ist ein helles Licht. Mehrere Pfade führen zum Berg hin. Menschen gehen auf diesen Pfaden. Das Licht sieht von verschiedenen Pfaden unterschiedlich aus. Vom einen Pfad aus sieht es wie ein Kreuz aus. Von einem anderen wie eine hebräische Menorah. Von wiederum einem anderen wie eine Mondsichel. Und von noch einem wie ein meditierender Buddha. Und dann von einem weiteren wie ein indischer Trimūrti. Und so weiter.

 

Menschen auf den Pfaden rufen zu anderen Menschen auf anderen Pfaden: «Komm hierher! Du bist auf dem falschen Weg! Nur dieser Pfad führt zum Gipfel des Berges!» Sie rufen alle das gleiche zu den anderen und sie verlieren sehr viel Zeit damit, mit den anderen zu streiten und sie zu überzeugen zu versuchen. Denn sie sehen, dass der eigene Weg zum Berg führt, aber sie sehen nicht, dass es die anderen auch tun. Manchmal verfallen Sie auch zu Gewalttätigkeiten gegen die anderen und verlieren den Pfad, da sie sich in Dunkelheit verirren, bis sie nach langer Zeit wieder zum Pfad zurückfinden (oder vielleicht zu einem anderen).

 

Wenn sie endlich den Berg erreichen, beginnen sie den Aufstieg. Auf dem Weg hinauf müssen sie durch einige Pforten hindurch. Bei jeder Pforte müssen sie Ihren Rucksack öffnen und einiges an Ballast von falschen Ideen und Vorstellungen und von Missverständnissen herauswerfen, um sie mit neuen Einsichten zu ersetzen. Als sie dann höher hinaufkommen, stellen sie zu ihrem Staunen fest, dass ein paar der anderen Pfaden (sie sehen sie nicht alle) mit ihrem eigenen Pfad zusammen ebenfalls den Berg hinaufführen. Das hatten sie nicht erwartet. Als sie dann schließlich den Gipfel erreichen, entdecken sie, dass alle Pfade dort zusammenlaufen, und dass das Licht nur Licht ist, denn die symbolische Erscheinung war nur eine illusorische optische Täuschung. Nun gibt es keine Unterschiede mehr. Sie begrüßen alle andere als ihre Brüder und Schwester und versöhnen sich für ihre Irrtümer auf dem Weg.

 

Alle Kulturen sind Kulturen von Menschen. Sie haben alle ihren Anteil an die Wahrheit, und sie sind alle auch durch menschliche Irrtümer und Missverständnisse entstellt. Sie haben alle sowohl Licht wie auch Dunkel. Das kirchliche Christentum auch … der Hinduismus auch … der Buddhismus auch … u.s.w. ... so wie sie sich «entwickelt» haben, um das zu sein, was sie heute sind.

 

Deshalb kann es tatsächlich ein Christus-Mantra geben! Und es gibt einen ... oder vielleicht einige …

 

Ich bin mehrere Male nach Indien gereist, um für eine Zeit in einem Ashrama** zu sein. Als die Zeit verging, entdeckte ich, dass es auch da sowohl Licht wie auch Dunkel gab. So gab ich diese Verbindung auf, aber ich bereue sie nicht, denn ich hatte viele Erlebnisse, für die ich dankbar bin. Ich hatte aber nie wirklich den Kontakt zum Christentum verloren, aber dieses konnte dann für mich nicht mehr das gleiche sein. Ich hatte die Gelegenheit, meinen Horizont und das Sichtfeld zu erweitern und konnte dann nur außerhalb der Mauern der Kirche Christ sein. Ein gnostischer Christ.

 

Es gibt in Indien sehr viele Mantras. Eine spezielle Gruppe von Mantras werden gāyatrī genannt. Sie haben eine besondere metrische Form. Es gibt ein gāyatrī-Mantra für jede Gottheit.

 

Als ich eine Zeit lang im Ashrama war, lernte ich auch ein bisschen Sanskrit. Da hatte ich eine Inspiration zu einem gāyatrī-Mantra für Christus. Er kam einfach … hier ist er:

 

 Jyótih Khristosé vidmahé,       

mahá premané dhímahi,        

   tannó Khristoh prachyódayát.  

 

Hier wird “j” wie in Englisch ausgesprochen, “dh” wird mit dem “h” ausgesprochen, d.h. “d-h”, ähnlich “kh” wie “k-h”. “Ch” wird wie “tsch” ausgesprochen, “y” wie deutsches “j” (also “jy” wie ein englisches “j” gefolgt von einem deutschen “j”!). “ und “o” sind immer lang, Sanskrit kennt kein kurzes “e” und kein kurzes “o”. Es wurde hier der griechische Name Christos so nahe wie möglich an die Schreibmöglichkeiten in der indischen devanāgarī-Schrift transliteriert..

 

Der Mantra bedeutet:

 

“Wir wissen von Christi Licht,               

         Lasst uns über die große Liebe kontemplieren,

 möge Christus unseren Geist erfüllen.”     

 

In wissenschaftlicher Transliteration lautet er:

 

 Und in der indischen Schrift devanāgarī:

 

 

 

 

Ein zweiter Chrustusmantra

ist hier als eine PDF-Datei herunterzuladen (da sonst Umschriften mit Diakritika verloren gingen)

 

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* «Mantra» ist, wie auch «ashrama»,  im Sanskrit eher männlich als sδchlich.

** Nicht von Sai Baba, nicht von Baba-Ji, nicht von Maharishi, nicht von Hare Krishna, nicht von Osho, nicht von Amma, ... den Rest lasse ich Sie raten