Pulsar, St. Ulrich (Österreich), Nr. 9, 2006, S. 14-15

 

Jan Erik Sigdell

WARUM REINKARNIEREN WIR?

Empirische Aussagen aus der Reinkarnationsforschung

 

Es gibt heute ein umfassendes Erfahrungsmaterial, nicht nur aus Rückführungen und der sog. Reinkarnationstherapie, sondern auch aus Spontanerinnerungen und teilweisen Einblicken in den Nahtod-Zustand bei „vorübergehend klinisch Toten”. Im letzteren Fall gibt es nicht selten eine Art von Rückschau, in dem Sinne, dass es der vorübergehend ausgetretenen Seele bewusst wird, schon vor diesem Leben verkörpert gewesen zu sein. Aus diesen Erfahrungen heraus werden Zusammenhänge zwischen Inkarnationen erkenntlich – darüber, weshalb wir reinkarnieren, um Erfahrungen zu sammeln und Lektionen durchzumachen. Ein Bild vom Wirken des Karmas tritt hervor. Dabei erscheint das Karma ein wenig anders als das, was üblicherweise im Osten gelehrt wird. Dort versteht man Karma vielfach eine Form von Bestrafung für üble Taten, und man hält solche Folgen für unausweichlich.

 

Erschreckend viele Klienten erleben in der Rückführungstherapie, wie sie als Kinder zu wenig geliebt wurden.

Das Erfahrungsmaterial von Rückerinnerungen zeichnet ein anderes Bild. Negatives Karma (es gibt natürlich auch positives) erscheint nicht als Strafe, sondern als Lektion. Man soll aus den Folgen eigener üblen Taten lernen, solches nicht zu tun. Erlebt man an der eigenen Haut, was man früher anderen getan hat – d.h. die Gefühle seiner Opfer – versteht man auf Seelenebene, wie falsch man gehandelt hat, und wird es voraussichtlich nicht wiederholen. Wer aber von selbst, und noch vor dem Sterben im Täterleben, zu Einsicht und Reue kommt, hat eine solche Erfahrung nicht mehr nötig. Da erübrigt sich dann eine solche karmische Folge, denn die Seele hat es ja schon begriffen. (Es kann jedoch vorkommen, dass sie aus Schuldgefühlen heraus eine an sich nicht mehr notwendige Lektion heranzieht oder sogar eine Lektion wiederholt.) Das Prinzip ist demnach: „Wer nicht verstehen will, muss fühlen.” Die Mehrzahl der Menschen kennen beim Sterben nur Rechtfertigung und Ausrede für das, was sie getan haben, und wehren sich gegen die Einsicht. Es sind gerade diese, die eine Lektion brauchen. Somit erscheint die Reinkarnation als eine Seelenschule. Die Seele lernt, entwickelt sich und reift durch die Erfahrungen aufeinanderfolgender Inkarnationen. Die Hauptlektion dieser Seelenschule ist die Liebe. Die bedingungslose Liebe für alle Mitmenschen. Die Erkenntnis, dass wir alle – ohne Ausnahmen – Geschwister in der göttlichen Schöpfung sind. Es macht nicht den geringsten Unterschied, welche Hautfarbe die andere Person hat, welcher Kultur sie angehört, welche Sprache sie spricht und welche Traditionen oder Religion sie lebt. Sie ist dadurch niemals weniger Mitmensch, Mitseele und Mitwesen. Deshalb ist die in Hinsicht auf das Karma folgenschwerste Verfehlung das Versagen in der Liebe. Aus dem Erfahrungsmaterial treten die folgenden – vereinfachten und verallgemeinerten – „Faustregeln” hervor.

1. Unter den Menschen, die du am meisten verachtest, diskriminierst, unterdrückst oder abwertest, wirst du selbst einmal geboren werden.

Diese Faustregel kann auch anders formuliert werden:

- Wo du am meisten in der Liebe zum Mitmenschen versagt hast, dort musst du selbst hin, oder

- du wirst selbst sein, was du heute hasst.

2. Täter und Opfer kommen wieder zusammen. Wir kommen nicht um die Versöhnung auf Seelenebene herum, und dafür müssen wir in einem anderen Leben wieder miteinander zu tun haben. Man kann es so sagen: „Denjenigen, die wir lieben, dürfen wir wieder begegnen; denjenigen, die wir hassen, müssen wir wieder begegnen.” Zum Beispiel als Elternteil und Kind oder als Ehepartner – oder in irgendeiner anderen Weise.

3. Was du genommen hast, musst du zurückgeben. Das kann sich u.U. schon auf materielle Dinge beziehen, aber öfter auf andere Werte. Es geht um Wiedergutmachung. Immer wieder wird Folgendes beobachtet: Haben wir jemandem das Leben genommen, werden wir jener Seele oft das körperliche Leben wieder zurückgeben; sie kann als unser Kind wieder geboren werden.

Was muss dann erreicht werden, bevor wir aus der Seelenschule der Reinkarnation „examiniert” werden können und nicht mehr reinkarnieren müssen? Auf jeden Fall, dass wir endlich erreicht haben, die undiskriminierende und bedingungslose Liebe zum Mitmenschen zu leben, und dass es keine Seele mehr gibt, mit der wir uns noch versöhnen müssen. Aber wahrscheinlich noch einiges mehr.

 

DIE LIEBE

Was ist nun die Liebe? Darüber habe ich ausführlicher in meinen Büchern über Reinkarnationstherapie und Rückführung geschrieben. Hier folgen nur einige Kernpunkte.

1. Die Liebe zum Kind. Erschreckend viele Klienten erleben in der Rückführungstherapie, wie sie als Kinder zu wenig geliebt wurden. Die Eltern gaben Essen, Kleider und Ausbildung, was nur für den Körper ist. Sie wurden aber seelisch unterernährt, weil Nähe, Zärtlichkeit und Körperkontakt so viel Nahrung für die Seele sind wie das Essen für den Leib. Das verstanden viele Eltern nicht zu geben, meistens, weil sie es in ihrer Kindheit auch nicht hatten.

Du bekommst auf die Dauer nicht mehr Liebe, als du gibst; wer wenig Liebe gibt, kann nur wenig erwarten; wer keine gibt, geht schließlich leer aus.

2. Die partnerschaftliche Liebe. Dementsprechend gibt es oft ähnliche Probleme in der Partnerschaft. Es ist öfter der Mann, aber es kann auch die Frau sein, die vor Nähe und Zärtlichkeit ausweicht. Das wirkt sich allgemein negativ aus, aber auch auf die Sexualität, die doch ein wesentlicher Bestandteil einer Partnerbeziehung ist. Eine erfüllte Sexualität verlangt auch sonst (und nicht nur im Bett) Nähe und Zärtlichkeit als Liebesäußerungen. Die (wieder vereinfachten) psychologischen Prinzipien sind:

Die Frau: „Wenn du mich nicht liebst, kann ich mit dir keinen Sex haben”.

Der Mann: „Wenn du mit mir keinen Sex hast, kann ich dich nicht lieben”.

3. Die Liebe im Allgemeinen. Die Liebe hat zwei Naturgesetze:

- Sie kann nur im Austausch von Geben und Empfangen überleben und gedeihen; eine einseitige Liebe verwelkt,

- Du bekommst auf die Dauer nicht mehr Liebe als du gibst; wer wenig Liebe gibt, kann nur wenig erwarten; wer keine gibt, geht schließlich leer aus.

 

RÜCKFÜHRUNGSTHERAPIE

Seelenschäden aus Liebesmangel und traumatischen Erlebnissen in der Kindheit her können geheilt werden. Partnerschaftsprobleme finden oft eine Lösung. Ängste (oder gar Phobien) verschiedener Art – darunter die Angst, dass man sich durch Liebesäußerung bloßstellen würde – haben meistens Wurzeln in der Vergangenheit und können aufgeklärt und gelöst werden, wie auch Blockaden und negative Muster in Persönlichkeit und Verhalten. Manche psychosomatisch bedingte Gesundheitsstörung findet ebenfalls eine Lösung in einer Rückführung. Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass alles auf diese Weise geheilt werden kann. Diese Therapieform ist, wie alle anderen auch, kein Allheilmittel. Über diese Dinge wird in meinen Büchern zum Thema (die zwei erstgenannten unten zitiert) ausführlich berichtet.

 

Zum Autor:

Dr. Jan Erik Sigdell (Slowenien)

E-Mail: [siehe Webseite]

www.christliche-reinkarnation.com

Bücher:

Reinkarnationstherapie, Heyne Taschenbuch, München, 2005

Rückführung in frühere Leben – Praxisbuch, Ansata, München, 2004 (mit CD)

Reinkarnation, Christentum und das kirchliche Dogma, Ibera, Wien, 2001