Der Wassermann, 1/91, S. 22-27

 

Dr. Jan Erik Sigdell, Basel

Rückführungen zu hypothetischen früheren Leben

 

Die Wirklichkeitsfrage

Die Frage ist immer wieder aufgeworfen worden, inwiefern die Erlebnisse in Rückführungen wirklich aus früheren Leben stammen. Es soll von vornherein gesagt sein, dass man die Reinkarnation nicht beweisen kann, genauso wenig wie sie widerlegbar ist. Der Glaube hat seinen natürlichen Platz, und darüber hinaus geht es um Indizien, nicht um strikte Beweise. Denn ein Beweis erfordert, dass alle alternativen Erklärungsmöglichkeiten mit Sicherheit ausgeschlossen sind, und das ist nie möglich – weder wenn man die Reinkarnation nachweisen will, noch wenn man Argumente für ihre Ablehnung sucht.

Die Argumentation, dass es sich bei Rückführungen nur um Fantasieprodukte handele, ist wiederholt vorgelegt worden. 1988 wurde ein ganzes Heft [1] in wesentlichen Teilen dieser Auffassung sowie der Infragestellung der individuellen Reinkarnation überhaupt gewidmet. Eine sachliche Gegenargumentation wurde von der zuständigen Redaktion zurückgewiesen, mit der Begründung, dass es ihr um gerade diese ihre Meinung ginge, und dass sie zu Ausgewogenheit nicht verpflichtet sei! Eine ähnliche Argumentation gegen Rückführungserlebnisse wurde in einer schwedischen Zeitschrift veröffentlicht [2}. Hier reagierte die Redaktion aber – trotz anderer Meinung zum Thema – positiv auf eine Gegendarstellung und ließ sogar eine sinnvolle Debatte entstehen, in der Argumente beider Anschauungen in sehr sachdienlicher Weise und demokratisch zur Sprache kamen [3,4,5]. Die folgende Diskussion basiert im Wesentlichen auf Beiträgen des Verfassers zu jener Debatte.

Rückführungen zu einem Kindheitserlebnis in diesem Leben sind in Psychologie und Wissenschaft allgemein anerkannt. Es handelt sich ja dabei um Fakten, die leicht kontrollierbar sind und ein vorgefasstes Weltbild nicht bedrohen. Man weiß auch, dass – wenn in dieser Weise ein verdrängtes Kindheitstrauma nochmals gefühlsmäßig durchlebt wird – dies ein entscheidender Schritt zur Lösung von daraus entstandenen Problemen sein kann. Was im unbewussten Ich verdrängt und versteckt liegt, hat offenbar eine sonderbare Macht über unser Verhalten und unsere Reaktionen. Wird es hervorgeholt und losgelassen, kann dies sehr befreiend sein. Führt dagegen die Rückführung in ein angebliches früheres Leben, darf sie für viele nicht wahr sein, nicht einmal dann, wenn das Erlebnis genauso befreiend wirkt. Auch wenn ein persönliches Problem dadurch gelöst wird, darf es doch nur ein Symboldrama sein, wenn nicht gar Fantasie ...

Mindestens 90 % aller Menschen, die sich einer Rückführung unterziehen, erleben etwas dabei. Wie sind dann solche Erlebnisse zu erklären? Man hat verschiedene Hypothesen aufgestellt, die ich hier in zwei Hauptgruppen einteile. Die erste geht davon aus, dass die erlebte Person wirklich existiert hat; man hat dies in vielen Fällen nachweisen können. Die andere Gruppe betrifft Fälle, bei denen diese Existenz nicht überprüft wurde; aus offensichtlichen Gründen gehört die große Mehrzahl dazu. War die Person z.B. vor 300 Jahren Schuhmacher in Konstantinopel, so ist eine Nachprüfung bei geringer Erfolgschance mit sehr großem Aufwand verbunden. In den meisten Fällen waren die Personen solch einfache Menschen, deren Existenzen heute kaum mehr nachzuprüfen sind.

 

Eine Person A erlebt sich in der Rückführung als eine andere Person B in einer anderen Zeit

1. B hat existiert!

A's Erlebnis kann erklärt werden durch

a. Reinkarnation

b. Kryptomnesie

c. ASW (außersinnliche Wahrnehmung)

d. genetische Übertragung

 

2. B’s Existenz ist ungeprüft

a.-b. wie oben (Existenz),            dazu (Nicht-Existenz):

e. Fantasie

f. Symboldrama

 

Was im unbewussten Ich verdrängt liegt, hat offenbar eine sonderbare Macht über unser Verhalten. Wird es hervorgeholt und losgelassen, kann dies sehr befreiend sein.

 

Eine dritte Gruppe von Fällen, bei denen die Existenz von B widerlegt wurde, ist rein akademisch. Es gibt ja dann keine auffindbaren Angaben über ihn, und gerade deren Fehlen lässt die Frage offen. Es kommen übrigens auch Verwechslungen ähnlicher Ortsnamen vor, oder z.B. ein Vertauschen von Ziffern in den Jahreszahlen (1873 anstatt 1783) und andere Unsicherheiten in den Daten. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass man am falschen Ort oder in der falschen Zeit sucht.

Die Reinkarnationshypothese ist doch die einfachste Erklärung, aber auch die emotional schwierigste für denjenigen, in dessen Weltbild sie nicht hineinpasst.

Kryptomnesie ist die Annahme, dass A die Geschichte von B einmal gelesen oder gehört hat. Er hat diese Umstände vergessen, und die Information taucht in der Rückführung so wieder auf, dass er sich damit identifiziert und glaubt, selbst B gewesen zu sein.

Die ASW‑Hypothese bedeutet, dass A in dem etwas veränderten Bewusstseinszustand der Rückführung auf paranormale Weise unbewusst Informationen über B auffängt (ähnlich wie bei Hellsichtigkeit) und sich damit identifiziert.

Die Hypothese der genetischen Übertragung geht davon aus, dass B zu den heute vergessenen Vorfahren von A gehöre und die Information über ihn demnach vererbt sei.

Zu diesen Hypothesen möchte ich nun einige Kommentare geben.

Genetische Übertragung: Die praktische Erfahrung zeigt, dass es offenbar möglich ist, durch die Rückführung von A alles über B zu erfahren. Zum Beispiel, was B Tag für Tag in einer ausgewählten Woche zu Mittag gegessen hat. Die Speicherkapazität der Gene ist selbstverständlich begrenzt. Warum sollte die Natur sie für solchen Unsinn verschwenden? Sie ist weise und tut es natürlich nicht. Weiter sind Fälle nicht selten, in denen B keine Kinder hatte, sodass mit seinem Tode die genetische Fortsetzung abbricht. Genetische Übertragung erklärt auch nicht den Fall, wo z.B. A heute eine junge Schweizerin ist und als B vor nur 50 Jahren Indianer im Amazonas war. Hier ist eine genetische Übertragung unmöglich. Die große Menge von Information, die über B erhältlich ist, widerspricht auch der Kryptomnesiehypothese, aber nicht der von ASW.

Die meistens deutlich hilfreiche Wirkung einer Rückführung ist nicht leicht durch Kryptomnesie oder ASW zu erklären. Man kann sich zwar vorstellen, dass man unbewusst etwas ausgewählt hat, das wie eine Art von Symboldrama die persönliche Problematik vertritt. Diese Erklärung ist allerdings viel weiter hergeholt, als die eigentlich einfachste, wenn auch für viele weltbildmäßig schwierigste – dass es sich nämlich bei A und B um dieselbe Seele in zwei verschiedenen Körpern handelt, sodass Person A genauso wie in einer Rückführung in die Kindheit etwas erlebt, bei dem sie als Seele selbst dabei war.

Die weiteren hypothetischen Erklärungen der Gruppe 2 sind kaum zu trennen.. Jede Fantasie ist ja voller symbolischer Aussagen über den Fantasierenden selbst. Der Unterschied zwischen Fantasie und Symboldrama liegt eher in der Intensität des Erlebens, und Symboldramen kommen auch tatsächlich bei Rückführungen vor. In der nicht‑hypnotischen Technik von Bryan Jameison, die ich verwende, wird ein sogenannter «Helfer» benutzt. Dieser ist eine Art von Manifestation des eigenen unbewussten Ichs und hilft, das aktuelle Problem zu klären. Bei Zweifeln können wir diesen «Helfer» fragen, ob das Erlebte auch wirklich aus einer früheren Inkarnation stammt. Wir erhalten dann öfter die Antwort, dass es so sei, aber dass vielleicht einige Einzelheiten nicht stimmten (die wir dann berichtigen lassen können). Aber gelegentlich zeigt es sich, dass das Erlebnis ein Symboldrama war. Der «Helfer» kann dann die Symbolik erklären.

Welche Indizien gibt es dann für die Reinkarnationshypothese? Die Hilfe, die das Erlebnis sehr oft gibt, ist schon ein Indiz dafür, ebenso wie das Auftreten von Gefühlsempfindungen dabei. Man kann normalerweise nicht deutliche Gefühle fantasieren! Fühlt man den Schmerz oder die Trauer sogar ziemlich intensiv – oder auch die Freude –, kann es nicht reine Fantasie sein.

Andere Indizien sind die folgenden: Jameison hat ungefähr fünf Blindgeborene zurückgeführt, die also vorher nicht wissen konnten, was Sehen ist. Alle «sahen» Erinnerungsbilder aus anderen Leben und träumten von da an in Bildern. Eine Astrologin gab Jameison die Idee, nach den Geburtsdaten des früheren Lebens zu fragen. Immer wieder trat eine bemerkenswerte Synastrie zwischen den Horoskopen von A und B auf! Stand z.B. bei B der Jupiter in 6° Widder und die Venus in 23° Schütze, fand man vielleicht bei A den Mars in 7° Widder und den Saturn bei 22° Schütze. Tritt eine solche Übereinstimmung bei drei bis fünf Positionen auf, kann es kein Zufall mehr sein. Die mathematische Zufallswahrscheinlichkeit ist nämlich verschwindend gering.

Ein weiteres Indiz habe ich selbst in, einigen Fällen entdeckt. A kannte als B eine Person, die wir C nennen. C ist heute eine vierte Person D, die A kennt. Wir haben die Gelegenheit, auch mit D eine Rückführung zu machen, ohne dass sie von A's Erlebnis erfahren hat, und sie bestätigt die Angaben von A.

    Helen Wambach gibt außerdem eine Menge von statistischen Indizien in ihrem Buch Reliving Past Lives [6].

 

Eine Strategie bei Widerlegungsbestrebungen

Es gibt eine bestimmte Strategie, die gerne bei Widerlegungsbemühungen eingesetzt wird. Man versuchte auf diese Weise den berühmten Fall Bridey Murphy [7] wegzuerklären, und auch den weniger bekannten Fall Jane Evans (hypnotische Rückführungen von A. Bloxham) [8]. Man wollte diese Fälle als Kryptomnesie «entlarven» und führte Bücher und andere Quellen mit Angaben über die erlebte Person als «Beweismittel» an. «Ruth Simmons» (Pseudonym im Buch über den Fall Bridey Murphy), die in Wirklichkeit Virginia Morrow‑Tighe hieß, wehrte sich entschieden gegen solche Erklärungsversuche. Nach ihr handelte es sich bei manchen «widerlegenden Fakten» um reine Erfindungen [9]. Es gibt eben Menschen, die es um keinen Preis wahrhaben wollen! Bei solchen Bestrebungen geht man offenbar nach folgender Strategie vor:

 

Tertium non datur ... die Quellen statt dessen als Indizien für die Reinkarnationshypothese zu werten, da sie ja die Existenz belegen, darf offensichtlich nicht sein ...

Auch werden wirkliche oder scheinbare Widersprüche zu «Beweisen» dafür erhoben, dass es sich nicht um Reinkarnation handeln könne. Die menschliche Schwäche, durch die Verwechslungen und Missverständnisse durch die rückgeführte Person selbst entstehen können (oder auch durch den Rückführenden), wird nicht beachtet. Wie bei einem Zeugenverhör vor Gericht muss man auch hier selbstverständlich berücksichtigen, dass wahre Ereignisse unrichtig wiedererzählt werden – nämlich so, wie sie damals verstanden wurden, oder so, wie das heutige Ich die Erinnerung und die unvollständigen Beobachtungen jetzt interpretiert – und das noch unter dem Einfluss dessen, was es heute über Geschichte und Geografie gelernt hat.

Ein Beispiel dafür ist eine andere hypnotische Rückführung, in der die Person behauptete, zur Zeit der Kreuzzüge gelebt zu haben, und dass sie damals Botschaften zwischen Versailles und anderen Städten vermittelte [3]. Es wurde zur Widerlegung eingewandt, dass Versailles zur Kreuzritterzeit noch gar nicht Regierungssitz war – also müsse alles falsch sein ... Warum hätte er nicht trotzdem diese Botschaften vermitteln können? Es muss sich ja nicht gerade um einen Regierungssitz gehandelt haben. Und war es doch so, kann ohne Weiteres das heutige Ich von der Schule her Versailles hineininterpretiert haben. Gibt er jene Zeit als die Kreuzritterzeit an, funkt auf jeden Fall heutiges Schulwissen dazwischen – denn damals war unbekannt, dass dafür Jahrhunderte später diese Bezeichnung entstehen würde.

 

Es ist stark zu vermuten, dass die konventionelle Psychologie zum Teil immer wieder Rückführungen macht, ohne es zu wissen!

 

Es kommt vor, dass man zwei relativ ähnliche Leben miteinander vermischt, dass man Begriffe aus dem heutigen Leben ins frühere hineinprojiziert und sogar bestimmte Dinge nicht sehen will, wie sie wirklich waren, weil sie mit einer unangenehmen Erkenntnis zusammenhängen. Es kommt auch vor, dass die Person von einem Leben zum nächsten wechselt und, vom Versuchsleiter unbemerkt, an einer Stelle Tod und neue Geburt übersprungen wurden. Es muss schon für einen methodischen Fehler gehalten werden, wenn solche Möglichkeiten bei der Auswertung experimenteller Rückführungen missachtet werden.

Unser Intellekt ist gierig nach Fakten, aber auf der Seelenebene sind diese zweitrangig. Auf Fragen nach Daten und genauen Angaben in der Rückführung reagiert die Person nicht selten so, als ob man nach völlig unwichtigen Dingen fragte. Wichtig sind Erlebnisse und Gefühle. Dasselbe gilt ja auch für verdrängte Kindheitserinnerungen. Alle Fragen nach Datum, Uhrzeit und genauem Ort, wo die Person als Kind ins Wasser fiel und wie tief sie gesunken war, sind ganz irrelevant, wenn es darum geht, sie von ihrer heutigen Angst vor dem Wasser zu befreien. Es kommt nur darauf an, was die Person erlebte, was dabei in ihr vorging, und darauf, dass dies in der Rückführung ausgelebt wird.

 

Der Zweck von Rückführungen

Die wichtigste Motivation für eine Rückführung ist das Streben nach Hilfeleistung bei einem persönlichen Problem. Wenn wir zumindest annehmen, dass es Probleme gibt, die ihre Ursprünge in traumatischen Erlebnissen in früheren Leben haben, dann geht ja die konventionelle Psychologie konsequent an deren wahrer Ursache vorbei. Nur eine Rückführung unter der Reinkarnationshypothese kann dann zur wahren Wurzel führen und in bestimmten Fällen eine radikale Lösung ermöglichen (radix = Wurzel).

Allerdings vermute ich stark, dass die konventionelle Psychologie zum Teil immer wieder solche Rückführungen macht, ohne es zu wissen! In all den vielen Symboldramen, die heute mit dem katathymen Bilderleben nach Leuner, mit der Aktiven Imagination nach C. G. Jung oder anderen Methoden erlebt werden, treten sicher immer wieder Geschichten aus früheren Leben auf. Es macht für die hilfreiche Wirkung kaum etwas aus, dass der Therapeut es nicht weiß und alles für nur symbolisch hält.

Ich möchte nun einige konkrete Beispiele von Rückführungen geben, die in recht drastischer Weise hilfreich waren.

Ein Mann hatte seit zehn Jahren fast täglich Migräne. Nachdem er durchlebt hatte, wie er vor über 100 Jahren in England aufgehängt und wie ihm in einem mittelalterlichen Krieg der Schädel eingeschlagen worden war, hörte dies auf, und die Kopfschmerzen kamen nur selten wieder. Wichtig war dabei, dass er den Zusammenhang mit Aggressionen erkannte, die in jenen Leben zum Tod durch Kopftraumata führten. Heute waren es ebenfalls seine Aggressionen, die ihm Migräneanfälle verursachten.

Eine Frau bekam trotz medizinischen Bemühungen keine Kinder. Sie erlebte sich als Mutter im mittelalterlichen Frankreich und glaubte, der schreckliche Tod ihrer beiden Kinder sei ihre Schuld. Sie konnte nun einsehen, dass sie den Rachemord durch einen anderen nicht hätte verhindern können, wodurch sie diese irrtümlichen Schuldgefühle loswurde. Neun Wochen später war sie schwanger, und sie hat inzwischen schon zwei Kinder. Die unbewusste Angst vor der Verantwortung als Mutter erwies sich als unbegründet, und die Blockade fiel.

Zu meinen neueren Beispielen gehört eine Frau, die ständig Schmerzen am Steißbein hatte. In ihrem Erlebnis sah sie, wie sie nach einem misslungenen Abtreibungsversuch ins frühere Leben geboren wurde. Das Kind wurde totgeschlagen. Der tötende Hieb traf sein Steißbein, und es verblutete mit zertrümmertem Becken. Seit der Rückführung hat sie diese Schmerzen nie wieder gehabt.

Eine 35jährige Frau verneinte ihre Weiblichkeit derart, dass sie seit 16 Jahren nicht mehr menstruierte. Sexualität war für sie mit viel Angst verbunden. Das Wiedererleben einer völlig verdrängten inzestuösen Vergewaltigung in der heutigen Kindheit war der erste Schritt zur Befreiung; der Rest wurde durch Szenen aus früheren Leben geklärt. Sie ist heute ein neuer und fröhlicher Mensch mit gesundem Interesse und normalen sexuellen Bedürfnissen. Hier nimmt das traditionelle Denken sofort die Rückführung ins Kindheitstrauma als plausibel an – aber wieso sollte es dann beim Übrigen nur in Fantasie umgeschlagen haben? Die Logik der Widerleger macht manchmal Sprünge ...

 

Gerade das Schreckliche muss ausgelebt – nicht weiter unterdrückt, sondern losgelassen werden

 

Ich habe hier schreckliche Geschichten erzählt. Traumatische Erlebnisse hinterlassen eben seelische «Narben», die zu Problemen werden. Schöne Erlebnisse machen uns ja keine Schwierigkeiten. Gerade das Schreckliche muss ausgelebt ‑nicht weiter unterdrückt, sondern losgelassen werden. Gehen wir von einem Problem aus, ist es deshalb fast selbstverständlich, dass furchtbare Szenen auftauchen. Was in eine dunkle Ecke unseres unbewussten Ichs weggeschoben und verdrängt wurde, scheint eine sonderbare Macht über uns zu haben. Nehmen wir uns den Mut, es anzuschauen und herauszulassen, kann die Befreiung vollständig werden.

 

Der Sinn der Reinkarnation

Warum nun diese Wiederkehr zu immer neuen, mühsamen Erdenleben? Es liegt heute eine sehr große Menge von Erfahrungsmaterial vor, aus dem sich ein recht deutliches Bild abzeichnet. Ein Bild, das überdies gerade die christlichen Grundwerte bestätigt – denen allerdings sehr wenig nachgelebt wird ...

Welcher Christ nimmt denn im Leben konsequent die wichtigsten Worte Jesu praktisch ernst: «Was du auch dem geringsten meiner Geschwister antust, das tust du MIR an!»? Er könnte sonst nicht die täglichen Lügen und Betrügereien begehen, nicht über Tamilen und Türken fluchen und nicht Andersartige in unserer Gesellschaft diskriminieren. Denn das tut er ja IHM an! Wörtlich, gemäß jener Bibelstelle! Es gibt keinen einzigen Menschen auf dieser Erde, der nicht unser und SEIN Geschwister ist. Leichtsinnig verweisen die Lippenbekenner IHN mit Flüchtlingen aus dem Lande, diskriminieren IHN von seiner Gemeinschaft, betrügen und belügen täglich IHN! Aber sie werden es an der eigenen Haut erfahren ...

Denn die Hauptlektion der Reinkarnation ist die der uneingeschränkten Liebe zum Mitmenschen. Die, dass wir alle Geschwister aus dem gleichen Lichte sind, gleichgültig, mit welcher Hautfarbe wir dieses Mal geboren werden, in welcher Kultur, in welcher Religion, in welchem sozialen Stand und mit welchen Eigenarten. Wir kommen zurück und müssen am eigenen Leibe erfahren, was wir früher anderen antaten. Nicht als Strafe, sondern als Belehrung für die Seele. Eine große Gerechtigkeit! Dies ist aber nicht einfach ein blindes Gesetz. Gelingt es uns vorher, umzudenken und uns echt zu wandeln, erübrigt sich die Erfahrung an der eigenen Haut. Doch meistens ist das Ego mit seiner Gier und Bequemlichkeit derart träge, dass schließlich doch nichts anderes übrig bleibt.

Stark vereinfacht und verallgemeinernd könnte man folgende «Faustregeln» für die Reinkarnation aufstellen:

Alles, was du einem anderen tust, wird auch dir getan werden.

Zu den Menschen, die du am meisten diskriminierst, verachtest oder unterdrückst, wirst auch du einmal gehören.

Zur ersten «Regel» hat Jameison mal hinzugefügt: «... wenn nicht anders, dann durch deine eigene Hand.» Er bezog sich auf den Fall eines «Workaholic« (Arbeitssüchtigen), der in einem früheren Leben Sklaventreiber war und nun sich selbst antreibt. – Auch das ist eine Möglichkeit.

Solche Zusammenhänge im persönlichen Fall abzuklären, ist bei der Rückführung auch wichtig. Verstehen wir, warum wir damals jenes Trauma haben erleben müssen und was wir daraus lernen sollten, kann die Befreiung endgültig werden.

Das durch die Erfahrung Gelernte wirkt in jedem Fall aus dem unbewussten Ich heraus und lässt einen neuen Charakter entstehen. Um so besser, wenn uns dies auch bewusst wird, sodass wir es voll annehmen können. Persönliche Probleme als Folge von traumatischen Erfahrungen in früheren Leben sind wie Nebenerscheinungen der damaligen Lektion, die es hingegen zu beseitigen gilt.

Es kann auch sein, dass das Problem zu einer heutigen Lektion gehört; darin ist keine einfach Lösung zu erwarten, weil man erst da hindurch muss. Auch in diesem Fall kann eine Rückführung hilfreich sein, denn wenn man die Gründe kennt, nimmt man es oft besser an und wird rascher damit fertig.

 

REFERENZEN

  1. Hologramm (D‑Südergellersen) 54, 1988. Bes. der Artikel: Vollmar, K.: «Erinnern wir uns wirklich an das vorige Leben?», S. 20‑22
  2. Björkhem Ö.: «Provokation», Sökaren (S‑Karlstad), 7, 1989, S. 33
  3. Sigdell J.E.: «Regressioner till hypotetiska tidigare liv» (Rückführungen zu hypothetischen früheren Leben), Sökaren 1, 1990, S. 2‑3 und 39, sowie:
    Magnusson S.: «Fantasier, inte reinkarnationsminnen» (Fantasien, keine Reinkarnationserinnerungen), gleiches Heft, S. 4‑7
  4. Sigdell J.E.: «Kätterska tankar om regression samt några övertygande fall» (Ketzerische Gedanken über Rückführungen und einige überzeugende Fälle), Sökaren 5, 1990, S. 22‑24, sowie:
    Magnusson S.: «Genmäle» (Gegenantwort), im selben Heft, S. 24‑25
  5.  Sigdell J. E.: «Bollen tillbaka ... i regressionsdebatten» (Der Ball zurück ... in der Rückführungsdebatte), Manuskript für Sökaren.
  6. Deutsche Übersetzung: Warnbach H.: Seelenwanderung, Goldmann (München), 1988.
  7. Bernstein M.: Protokoll einer Wiedergeburt, Knaur (München), 1973.
  8. Iverson J.: More lives than one?, Pan Books (London), 1977.
  9. Vortrag von Virginia Morrow-Tighe in Denver, Colorado, ca. 1980 (Tonbandaufnahme im Besitz des Verfassers).