Auch eine “genetische” oder “erbinformative Schiene” in Rückführungserlebnissen?

 

NACHTRAG: Befunde von Harald Wiesendanger und Kritik von Gerhard Glombikunten

 

Es ist behauptet worden, dass es sich bei Erinnerungen an ein hypothetisches früheres Leben in Rückführungen in Wirklichkeit um genetisch übertragene Daten von Vorfahren her handeln könne. Dazu ist Folgendes zu sagen:

Die Erfahrung zeigt, dass auch an sich völlig nutzlose Information über die erlebte Person in Rückführungen hervorkommt. Sie hat keine Bedeutung, ist aber da und offensichtlich ebenfalls abrufbar. Wozu sollte eine weise Natur solche Daten in den Genen speichern? Der Datenspeicher in den Genen ist chemisch-physikalischer Natur und, auch wenn ungeheuerlich groß, auf jeden Fall begrenzt. Diesen kostbaren Speicherraum wird die Natur sicher nur für wichtige Daten verwenden und nicht für solche, die man – in Bezug auf ihren Informationswert – eher als unsinnig bezeichnen kann.

Fälle sind nicht sehr selten, in welchen sich eine Person an ein letztes Vorleben in einer ganz anderen Kultur auf einem anderen Kontinent erinnert. Hier ist eine genetische Verbindung fast immer auszuschließen.

Sollte es sich um das Leben von einem Vorfahren handeln, müsste man dies oft feststellen können, da eine Nachprüfung hier meistens nicht sehr schwierig wäre. Das kommt aber so selten vor, dass man eher eine Reinkarnation in der gleichen Familie annehmen darf. Es ist tatsächlich nicht ganz selten so, dass z.B. der Großvater als sein Enkel oder seine Enkelin wieder geboren wird. Außerdem müsste in dem Fall die “Erinnerung” nur bis zu einem Zeitpunkt fortschreiten können, in dem der Vorfahre ein Kind zeugte, da hier der Stammbaum in Richtung auf die heutige Person abzweigt. Sie setzt aber bis zum Tod der erlebten Person fort, und zum Seelenzustand nach dem Sterben.

Es ist auch nicht ganz ungewöhnlich, dass die erlebte Person kein Kind hatte. Sollte sie ein Vorfahre sein, befände sie sich auf einen “Sackzweig” des Stammbaumes. Wie könnte dann die genetische Übertragung möglich sein?

 

Claus H. Bick vertritt die Meinung, dass es eine “erbinformative Schiene” gäbe, neben welcher er allerdings auch eine “reinkarnative Schiene” gelten lässt. Er berichtet von einem sehr interessanten Fall [1] (vgl. [2]). Ein damals 29-jähriger Mann wurde in ein vergangenes Dasein zurückgeführt und befand sich im 2. Weltkrieg. Er war ein deutscher Panzerkommandant und starb 1944 durch einen amerikanischen Angriff auf seinen Panzer, wobei er aus der Kuppel geschleudert wurde, ein Bein verlor und von einem gegnerischen Soldaten durch einen Genickschuss getötet wurde. Er hieße Richard Meissner und sei 1921 oder 1920 (erst “Jahrgang 1921” … später: “1920 geboren”) in Hessen geboren.

Er berichtet von einem Einsatz in der Eifel, und dass er bei diesem Einsatz in der beschriebenen Weise starb. Drei Jahre davor, im 1941, wurde er von Bombensplitter am Bein verletzt und verlor möglicherweise da sein Bein, oder jedenfalls im linken Bein das Gefühl. Vom Bericht geht nicht hervor, wo er sich dann befand und durch welche Umstände es zur Verletzung kam, sondern er beschrieb sich in einem bereits verletzten Zustand in einem Lazarett.

Nach Angaben über die Gegend des Geschehens wird ein Ort mit dem Namen Spa erwähnt. Aber auch Hinweise, die zur Gegend von Belmonte (s.u.) passen (u.a. der Ortsname Capella auf einem Wegweiser).

Man prüfte dann die Sache bei der Zentrale für gefallene Wehrmachtsangehörige in Berlin nach. Es gab tatsächlich einen Richard Meissener (so im Artikel [1] geschrieben), der 1921 in Eisenhausen in Hessen geboren wurde. Er wurde 1944 nach einem Einsatz in Belmonte in Italien als vermisst gemeldet. Es wurde auch bestätigt, dass er 1941 durch Bombensplitter am Bein verletzt wurde.

Es gibt ein Ort namens Capella bei Belmonte. Zum Ortsnamen Spa meint Bick, dass es sich um eine “assoziative Konfabulation” mit einem in der Schule gelernten antiken Gedicht über tote Helden handele: “Wanderer, kommst du nach Sparta …”.  Die Versuchsperson erinnerte sich nämlich von seiner Schulzeit her an jenes Gedicht.

Zu Angabe über die Eifel meint Bick, dass es sich hier auch um eine “assoziative Konfabulation” mit einer genetisch übertragenen Information von seinem Vater her handele. Der Vater sei nämlich im 1944 in der Eichel bei der Ardennenoffensive Funker gewesen.

 

Mir fehlt eine vielleicht entscheidend wichtige Information: Wo wurde Meissener 1941 verletzt? In den Ardennen? Wenn es so sein sollte, was hat es dann wirklich mit dem heutigen Vater zu tun, nur weil er ebenfalls in den Ardennen war, aber 1944 ... Beweist dies, dass es sich wirklich um eine “assoziative Konfabulation” von eigenen unbewussten Erinnerungen mit genetischer Information vom Vater her handelt? Nach meiner Meinung könnte es sich hier eher um eine “assoziative Konfabulation” des Versuchleiters handeln – eine Möglichkeit, die man in vielen Fällen bei der Auswertung von Rückführungserlebnissen durch sehr kritisch eingestellte Personen merken oder wenigstens ahnen kann, wenn es darum geht, eine subjektiv “besser passende” Erklärung zu finden.

Eine gewisse Bestätigung einer solchen Annahme ist die Erwähnung eines Ortes namens Spa (die hätte überprüft werden sollen, aber da dachte der Verfasser scheinbar nicht daran). Die Annahme einer “Konfabulation” mit einem Gedicht über Sparta ist ja reiner Unsinn! Der Verfasser hätte doch wissen müssen – oder durch Nachprüfen feststellen müssen – dass es in den Ardennen tatsächlich ein bekannter Ort mit diesem Namen gibt! Der Ort ist für sein Thermalbad bekannt, und zwar derart, dass eines der Wörter für “Thermalbad” in Englisch, nach jenem Ort genannt, eben spa ist. Hier handelt es sich auf jeden Fall um eine “Konfabulation” des Auswertenden …

Scheinbar hat die Versuchsperson nicht eigenes Erleben mit dem des Vaters durcheinandergebracht, sondern zwei einschneidende Erlebnisse in seinem eigenen Vorleben, nämlich die Verletzung am Bein und den späteren Tod. Es könnte auch sein, dass es eher der Versuchsleiter war, der entsprechende Angaben nicht auseinanderhalten konnte, bzw. dabei einiges übersah.

 

Referenzen

  1. Claus H. Bick: “Wissenschaftliche Untersuchungen von Reinkarnationsphänomenen”, raum&zeit, Dietramszell, Nr. 59, Juli/August 1992, S. 22-26.
  2. http://www.grenzenlos.net/archiv_new/arc_spiri_reinkarnation.htm
 

 

 

NACHTRAG

 

Dieser Fall wurde von Harald Wiesendanger gründlich studiert und er hat in der erweiterten Neuauflage seines Buches Zurück in frühere Leben (Lea Verlag, Schönbrunn, 2003) ausführlich darüber berichtet.

 

Es wird darin berichtet, dass Meissner nach Angaben im Archiv nicht in den Ardennen, sondern in Russland am Bein verletzt wurde. Wie er auf die Ardennen gekommen ist, ist nicht geklärt. Der Geburtsort stimmt nicht namensmäßig aber einigermaßen geografisch mit seiner Angabe überein.

 

Gerhard Glombik, ein Theologe und Studienrat, kritisiert den Fall in einem Artikel “Neues vom Panzerkommandanten” (Skeptiker Nr. 1, 1995, S. 20-21) und zählt eine Reihe von “Unstimmigkeiten” auf:

  1. Die Altersangaben stimmen nicht überein. Sie differiert jedoch um nur zwei Jahre, was im Rahmen der zumutbaren Erinnerungsungenauigkeit durchaus annehmbar ist.

  2. Zwei Ereignisse würden vermengt. Dies ist bereits oben besprochen. Vermischungen sind in Rückführungen nicht selten und widerlegen an sich die Sache nicht.

  3. Die Umstände seines Todes seien unbestätigt. Das ist aber kein Widerspruch.

  4. Der militärische Rang stimme nicht. Jedoch soll nach bisher unveröffentlichten Rückführungsangaben Meissner in der aktuellen militärischen Notsituation die Funktion eines Panzerkommandanten haben übernehmen müssen.

  5. Angeblich wären im Archiv 117 (?) Richard Meissner gefunden, und man habe denjenigen ausgewählt, der am besten passte. Ja, wer denn sonst? Worin liegt da ein echter Widerspruch? (Glombik hätte wohl am liebsten denjenigen gehabt, der am wenigsten passte … – und wenn es tatsächlich so wäre, bräuchte es wohl einen ziemlichen Aufwand, um alle diese 117 durchzuarbeiten …)

  6. Im Einsatzgebiet, wo Meissner starb, wären keine amerikanischen Soldaten im Einsatz. Dies ist durch Nachforschungen von Wiesendanger klar widersprochen. Er weißt einwandfrei nach, dass tatsächlich die US-Armee dort tätig war.

 

Diese “Einwände” sind deshalb “mit einer Priese Salz” zu genießen …

 

Aber es kommt anders. Wiesendanger hat die Familie des Richard Meissner lokalisiert und sich dort gründlich über jene Person informieren lassen. Da treten auch Unstimmigkeiten auf, von welchen einige mit einer wohlwollenden Betrachtungsweise sicher durch die an sich eher zu erwartende “Erinnerungsungenauigkeit” erklärt werden können, aber nicht alle. Dann arbeitete er einen umfassenden Fragebogen aus, in welchem die heutige Person, die sich als Richard Meissner erlebte, eine große Menge von Fragen zu Meissners Familie, sehr viele anhand von Fotos, beantworten sollte. Es gab dabei nur ein paar Volltreffer, einige Fehler, mehrere Ungenauigkeiten und einige der Fragen wurden nicht beantwortet. Ein enttäuschendes Ergebnis.

 

Nun muss man sich aber fragen, inwieweit ein derartiges Vorgehen im rationalen Tagesbewusstsein relevant ist, in welchem er ja keine sozusagen “aktive” Erinnerung an Richard Meissner mehr hat, sondern nur die “passiven” Erinnerungen, die nach den Rückführungserlebnissen geblieben sind. Müsste nicht eine derartige Untersuchung im veränderten Bewusstseinszustand einer Rückführung – also in der “aktiven” Erinnerung – durchgeführt werden? Was wäre dann herausgekommen?

 

Ein bemerkenswerter Befund ist, dass die heutige Person am Körper auffallende Hautveränderungen an jenen Stellen hat(te), wo Richard Meissner nach den Angaben in den Rückführungen von Splitter verletzt wurde und wo er den Genickschuss bekam. (Einige dieser Erscheinungen sind im Erwachsenenalter verschwunden.) Es ist meistens denjenigen bekannt, die sich mit Reinkarnation befassen (anderen wohl weniger), dass solche Merkmale relativ häufig vorkommen. Wo der Körper im letzten Vorleben schwer, meistens dann tödlich, verletzt wurde, gibt es sehr oft heute entsprechende Merkmale. Siehe hierzu die umfassende Untersuchung von Ian Stephenson: Reincarnation and Biology, Praeger, Westport, 1997, zwei Bände – Kurzfassung in deutscher Übersetzung: Reinkarnationsbeweise, Aquamarin, Grafing, 1999).

 

Kritik an den Fragebogentest Wiesendangers

Ich glaube nicht, dass ich einen solchen Test in Bezug auf meine Kindheit gut bestehen würde! Zum Beispiel war ich mehrfach im Hause meines Großvaters in Kalmar (Schweden). Als ich vor einigen Jahren mit meiner Frau in jener Stadt war, wollte ich ihr das Haus zeigen. Ich hatte Mühe, es zu finden, kam aber auf ein Haus, das wahrscheinlich das richtige war. Hätte man mir Fotos von Häusern vorgelegt und ich sollte das richtige auswählen, halte ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass ich das richtige gewählt hätte. Ein weiteres Beispiel: In meiner Kindheit schauten, wenn meine Eltern fort waren, oft zwei Personen nach mir, manchmal ein viel älterer Nachbarsjunge und manchmal eine diabetische Frau, von der ich mir nur erinnern kann, dass ich sie sich Insulin spritzen sah. Hätte man mir Fotos dieser Personen vorgelegt, hätte ich sie ganz sicher nicht zuordnen können. Oder hätte ich z.B. den Nachbarsjungen unter mehreren Fotos auswählen sollen, könnte ich es bestimmt nicht. Mein Onkel starb, als ich noch Kind war. Ich könnte ihn nie auf ein Foto identifizieren. Und so weiter. Und doch handelt es sich ja um Dinge und Personen, die ich tatsächlich erlebt habe – und das im heutigen Leben! Wie soll denn ein solcher Test aussagekräftig sein? Hat sich nicht Wiesendanger viel Mühe umsonst gemacht?

 

Wir müssen noch feststellen, dass es hier um zwei Erinnerungsebenen geht! Erstens die mehr unmittelbare und ziemlich bewusste Erinnerung an das Rückführungserlebnis, zweitens die viel tiefer liegende unterschwellige vergessene Erinnerung an die Vergangenheit. Hätte sich die Versuchsperson in der Rückführung in einer Situation vor dem Geburtshaus Meissners erlebt, würde sie aus der erstgenannten Erinnerungsschicht heraus höchst wahrscheinlich das richtige Foto wählen (angenommen, dass sie auch Meissner war). Aber hat sie das Haus in der Rückführung nicht einigermaßen deutlich gesehen, wie sollte sie es dann auswählen können? Somit halte ich dieses Testverfahren für zumindest teilweise an das Ziel vorbeischießend. Es gibt Tests, die bei einer starken Übereinstimmung beweiskräftig sind und bei einer geringen die Frage offen lässt, und dieser Test gehört offensichtlich dazu.

 

Eine alternative Möglichkeit wäre, die Versuchsperson wieder in den Bewusstseinszustand in der Rückführung zu versetzen, also in diesem Fall sie wieder zu hypnotisieren und zu Richard Meissner werden zu lassen. Wenn man dann dem Fragebogen entsprechende Fragen stellen würde und auch dazugehörige Fotos zeigen (auch eine hypnotisierte Person kann für einen Moment die Augen öffnen und ein Foto anschauen), was wäre dann herausgekommen?

 

Für besonders beweiskräftig kann ich deshalb das Verfahren nicht halten. Es beweist natürlich nicht, dass die Person Meissner war, aber auch nicht, dass sie ihn nicht war.

 

Siehe auch diesen Artikel von mir.