Kommentare von Jan Erik Sigdell zum Artikel

Reinkarnationsglaube und Reinkarnationstherapie: Transpersonale Fiktion

von Michael Schröter-Kunhardt

Facharzt für Psychiatrie und neuapostolischer Christ

Der Text ist auch als eine PDF-Datei erhältlich

(Transpersonale Psychologie und Psychotherapie 1/1996, S. 67-83)

 

Weitere und ergänzende Kommentare werden in meinem Text “Zirkelschlüsse in der Reinkarnationsfrage“ gegeben!

 

Allgemeine Kommentare

Kryptomnesie

Keine Heilung durch Reinkarnationstherapie?

Keine Rückschau auf frühere Leben in Nahtoderlebnissen?

Fehler der Reinkarnationslehre?

Spontanerinnerungen von Kindern

Schlusswort

Referenzen

 

 

Allgemeine Kommentare

Ich möchte nicht den Leser – wie der Verfasser es eher tut – mit einer ermüdenden Menge von Daten, Behauptungen und Fremdwörtern überfluten, im Versuch, mit diesem psychologischen Trick seine Urteilsfähigkeit einzulullen. Darum versuche ich mich einigermaßen kurz zu fassen, was in der Diskussion jenes umfangreichen Artikels nicht so leicht fällt, und mich auf nur die wesentlichsten Stellen zu beziehen. Er weiß natürlich ausführlich, mit viel Schützenhilfe aus einer Menge von fast durchgehend kritischen Quellen und imposanten Fachausdrücken, nachzuweisen, warum Rückführungen nicht das seien, was sie für ihn nicht sein dürfen.

 

Zuerst stellen wir fest, dass der Verfasser die Existenz einer Seele anerkennt, die den Tod des Körpers überlebt, und dass diese Seele ein eigenes und infolgedessen nicht-materielles (also nicht ein etwa gehirngebundenes) Gedächtnis hat. Er will nämlich einige Fälle von Erlebnissen, die wie Rückerinnerungen an frühere Existenzen dargestellt werden, durch Besessenheit erklären: „Tatsächlich ist es – neben der animistischen ASW-Erklärung – durchaus denkbar, dass die sehr seltenen paranormalen Elemente sog. Reinkarnationserfahrungen nichts anderes als einen vorübergehenden spontanen und aufgezwungenen außersinnlichen Kontakt mit einem anderen (verstorbenen) Menschen darstellt”. Etwas später im Text bezieht er sich auf dieses Phänomen als „Umsessenheit” oder „Besessenheit”. Das bedeutet ganz offensichtlich, dass die Seele eines Verstorbenen in Kontakt mit der Person tritt, die sich zu erinnern glaubt – sie zumindest vorübergehend also „besessen” hält – und dass die „Erinnerung” von jener Seele her kommt. Jene offensichtlich immaterielle Seele hat also ein eigenes Gedächtnis, denn wie würde sie sich sonst an ihre vorausgehende Verkörperung erinnern können? Sie hat ja kein Gehirn mehr …

Als Beispiel erwähnt er einen Fall von Stevenson. Ein Junge, Jasbir, berichtete, als eine andere Person Sobba Ram durch eine Vergiftung gestorben zu sein. In seinem außerkörperlichen Zustand sei er von einem Heiligen angewiesen, in den Körper des damals noch eigenständig lebenden Jasbirs einzudringen, um dort „Obdach” zu suchen.

Somit widerspricht er seine Behauptung: „Reinkarnationserfahrungen sind – auch in Hypnose – schon von den Leistungen des Gedächtnisses her nicht möglich”. Damit meint er aber das gehirngebundene Gedächtnis der hypnotisierten Person. Wir müssen wohl hier zur Kenntnis nehmen, dass es zwei Arten von Gedächtnis geben muss: Jenes gehirngebundene materielle Gedächtnis des Körpers, das mit dem Tod durch das Zersetzen des Gehirngewebes erlischt, und das oben genannte immaterielle Seelengedächtnis. Wenn also der Mensch eine Seele hat, die den Tod des Körpers überlebt – und nur so wäre eine solche „Besessenheit” möglich – hat es natürlich der noch lebende Mensch auch. Nur ist er dann noch an den Körper gebunden. Wo kommt diese Seele her? Wenn sie also später, wenn der Körper stirbt, ohne ihn weiterlebt: Wo war sie vorher, bevor jener Körper entstand? Gab es sie da schon, und hat sie vielleicht einmal einen soeben entstandenen Fötus gewissermaßen „besessen”? Ist der beseelte Mensch so entstanden? Diese Hypothese wäre keineswegs abwegiger, als die oben über „Besessenheit” eines bereits geborenen Menschen, und zwar in dem Fall durch eine zweite Seele (denn der geborene Mensch wird ja zuerst seine eigene haben). Sie würde die Frage beantworten können, woher die eigene Seele kam.

Wenn eine solche zweite Seele – in jenen selten vorkommenden Fällen – ihr eigenes immaterielles Gedächtnis haben muss (denn sonst könnte sie ja über ihre vorausgehende Verkörperung nichts mehr wissen), dann wird ja die körpereigene Seele, die zuerst da war, natürlich auch ihr immaterielles Seelengedächtnis haben. Sollte es also nicht möglich sein, jenes Gedächtnis anzuzapfen, und nicht nur das Gehirngedächtnis? In dem Fall könnte es sich theoretisch bei „Reinkarnationserfahrungen” in manchen Fällen doch um „frühere Leben” handeln!

 

Der Verfasser schreibt durchgehend über Hypnose als Methode für sog. „Rückführungen” und scheint die nicht-hypnotische Methode nicht zu kennen. Im Abschnitt „Rückführung” auf dieser Webseite vergleiche ich diese Methoden. Der Vorwurf von „Suggestion” und suggestive Beeinflussung betrifft viel eher die Anwendung von Hypnose, als den nicht-hypnotischen Vorgang. Eventuelle Zusammenhänge zwischen Hypnotiserbarkeit und Imaginationsfähigkeit werden dann relativiert.

Der Reinkarnationsglaube im Westen ist nicht ein blind von Hinduismus und Buddhismus übernommener Ersatzglaube, denn bereits die alten Vikinger, Germanen, Griechen, Kabbalisten, gnostischen Christen (der ersten Jahrhunderten) u.s.w. kannten den Glauben. Es scheint, dass es ihn in fast allen alten Kulturen gegeben hat, auch solche, die gar nichts mit Indien zu tun hatten. Und wieso „blind”? Die meisten, die zu diesem Glauben gekommen sind, haben sich die Sache reiflich überlegt.

Der suggestive Einfluss der Umwelt macht er dafür geltend, dass „Reinkarnationserinnerungen” bei Kindern öfter in einer reinkarnationsgläubigen Umwelt vorkommen. Umgekehrt wird es ebenso gut sein können, dass der suggestive Einfluss einer die Reinkarnation ablehnenden Umwelt solche Erinnerungen hemmen … Im gleichen Sinne kann man die Ergebnisse der Versuche in 1982 von R.A. Baker verstehen – in Hypnoseversuchen „erinnerten” sich viel weniger Menschen an „frühere Leben”, die dagegen regelrecht vorprogrammiert wurden! In ähnlicher Weise verstehen wir den Befund von William Bryan, der vor dem Hypnoseexperiment mit der Person über Massaker und Klapperschlangen sprach. Die Person kam dann in ein „indianisches Leben” hinein, wo solches vorkam. Nehmen wir die Reinkarnation als Arbeitshypothese an, können wir die Möglichkeit nicht leugnen, dass die Person tatsächlich ein indianisches Vorleben hatte, und dass das Vorgespräch sie darauf hinsteuerte. Damit ist der angebliche Widerspruch weitgehend entkräftet.

Dass es in Hypnosedemonstrationen durch „Taschenspieler” jede Menge von Napoleons etc. geben solle, hat gar nichts mit dem Alltag eines Reinkarnationstherapeuten zu tun. Da wird wohl bisher niemand auf Napoleon gestoßen sein … Scharlatane gibt es aber immer, sogar in wissenschaftlichen Kreisen, weshalb der Vergleich mit Museumsführungen, um Déjà-vu-Erlebnisse zu suchen, und mit missbräuchlichem Hypnosespektakel, unfair ist. Das hypnotische „Reinkarnieren” eines Malers in einer Versuchsperson wird höchstens in ihr schlummernde Fähigkeiten aufwecken und solche Spielereien sind hier nicht relevant (und wer kann ausschließen, unter der Arbeitshypothese Reinkarnation, dass die Versuchsperson nicht tatsächlich einmal gemalt hat, nur nicht als jener Maler).

 

„Fehlende Verifikation der Reinkarnationserinnerungen” ist eine unwahre Behauptung. Es gibt eine ganze Reihe von verifizierten Fällen. Der erstaunlichste Fall ist derjenige, worüber Linda Tarazi berichtet [1]. Nur wollen die Reinkarnationsgegner solche Fälle gar nicht zu Kenntnis nehmen. Für sie sind nur diejenige interessant, die man widerlegen kann, oder solche, in welchen die Indizien so schwach sind, dass man sie leicht anders erklären kann. Ein Argument des Verfassers ist, dass Daten, die der Person oder dem Umfeld bekannt sind, wesentlich klarer hervorkommen, als solche Daten, die vorher unbekannt waren und sich evtl. z.T. nachträglich bestätigen. Ist das eigentlich erstaunlich? Wir haben oben gesehen, dass es zwei Gedächtnisebenen geben muss, sofern der Mensch eine den Tod des Körpers überlebende Seele hat. Sonst geht die Gleichung nicht auf. Wenn es um dem Gehirn-Ich bekannte Daten geht, gibt es also potenziell eine doppelte Erinnerung: Sowohl das gehirngebundene Gedächtnis, wie auch das Seelengedächtnis, erinnern sich in dem Fall daran. Das Seelengedächtnis findet die Bestätigung im Gehirngedächtnis. Im anderen Fall erinnert sich nur das Seelengedächtnis, wo die Daten tiefer vergraben sind.

Der Verfasser zitiert wiederholt die Bücher von Harald Wiesendanger, aber durchgehend nur seine kritischen Bemerkungen und nicht die vielen positiven Äußerungen zu Rückführung und Reinkarnationstherapie. Wiesendanger hat sich selbst mit einem bemerkenswerten Fall von Verifikation befasst und diesen an den 18. Basler PSI-Tagen 24.-27. November 2000 vorgetragen (siehe www.grenzenlos.net/archiv_new/arc_spiri_reinkarnation.htm, wo man den Namen zu einem Pseudonym geändert, aber die Änderung an einer Stelle vergessen hat …), in welchem ein Mann sich als der deutsche Panzerkommandant Richard Meissner erlebte, der im 2. Weltkrieg im Einsatz gegen amerikanische Truppen erschossen wurde. Die Daten wurden durch die Dienststelle in Berlin restlos bestätigt.

 

Bemerkenswerterweise lässt er den Begriff „präkognitive Träume” gelten und will u.a. dadurch manche Fälle von Déjà-vu-Erlebnisse erklären. Das, was man zu erkennen mag, könnte im Voraus in einem solchen vorausschauenden Traum gesehen worden sein. Das scheint mir fantasiereicher als eine Reinkarnationshypothese …

 

Kryptomnesie

Diese Hypothese ist unter den Gegnern der Reinkarnationsidee sehr beliebt. Was man nicht anders erklären kann, kommt fast immer in jenen Sammel-Topf. Der Verfasser schreibt: „Da der Nachweis, dass die betroffene Person die als Hinweis auf ein ‘früheres Leben’ gedeutete richtige Informationen nie zuvor aufgenommen hat, praktisch nicht führbar ist, sind kryptomnetische Prozesse auch dann anzunehmen, wenn man nur noch eine paranormale Erklärung zu finden meint”. Auch hier ist die Sache umkehrbar: Da der Nachweis in solchen Fällen praktisch nicht führbar ist, dass die Person diese Informationen zuvor aufgenommen hat, kann die Hypothese der Kryptomnesie ebenso infrage gestellt werden!

Ein Beispiel sei von J. Venn gegeben. Ein 26-jähriger Optiker habe bestehende Brustschmerzen und erlebte sich als ein französischer Pilot, der 1914 über Belgien abgeschossen wurde, wobei er in der Brust getroffen wurde. Man fand heraus, dass die schwer zugänglichen Daten falsch und die leichter zugänglichen zu einem großen Teil richtig waren (wobei man aber bedenken muss, dass einige zunächst als falsch erscheinende Daten sich bei näherer Untersuchung doch bewahrheiten könnten, wie z.B. im von Linda Tarazi berichteten Fall [1], aber Gegner geben sich mit einem Seufzer der Erleichterung gerne mit fehlender Bestätigung zufrieden, weil sie das zu sehen wünschen, und vertiefen die Nachforschungen dann nicht). Auch hier könnte eine Erklärung im oben genannten doppelten Gedächtnis liegen! Was aber auffällt, ist, dass es ganze 60 Sitzungen brauchte, bis der Mann von seinen Schmerzen frei wurde! In einer richtig geführten Reinkarnationstherapie [2] sollte das nach 1-3 Sitzungen erreicht sein!

 

Keine Heilung durch Reinkarnationstherapie?

Der Verfasser behauptet dann, dass es sich um eine „Symptomverschiebung” handele. Die Symptome würden in ein „früheres Leben” verschoben. Wenn es auch so sein sollte: Was macht das dann, wenn nur der Mann von den Schmerzen frei wird! Ist nicht das das Wichtigste? Und ist das in dem Fall nicht besser, als die Symptome mit Schmerzmittel, Psychopharmaka oder suggestiven Psychotherapien wie „Reframing” und „Rescripting” zu  verdrängen? Wenn wir, wiederum, von der Existenz einer Seele ausgehen (wie es der Verfasser zumindest in der einleitend beschriebenen Diskussion selbst tut), was spricht dann gegen die Möglichkeit, dass die Seele ein Problem mit in den Körper brächte? Wenn es deshalb so sein sollte, dass das Problem auf ein  tatsächliches vorgeburtliches Trauma beruhe, kann man dann ausschließen, dass es doch nicht eine „Symptomverschiebung” war? Wäre dann eine Rückführungstherapie nicht möglicherweise kausaler als alle andere?

Der Verfasser hält Problemlösung und Heilung durch Rückführungstherapie für Placebo. Misserfolge würden verschwiegen. Gibt es irgendeine Therapie, die zu 100 % erfolgreich ist? Kennt nicht die Psychologie und Psychiatrie ebenfalls zahlreiche Misserfolge (auch wenn viele davon durch Symptomunterdrückung mit Psychopharmaka getarnt werden)? Die Bemerkung ist nicht besonders fair … da sitzen alle im gleichen Boot … Es gibt nun einmal kein Allheilmittel. Auch die Psychiatrie ist keins. Es gibt aber leider viel Konkurrenzdenken und Futterneid zwischen den verschiedenen Wegen der Therapie. Wenn er wiederholt von „gut bezahlten Rückführungen” schreibt, muss man sich fragen, wie viel mehr die Therapiestunde beim Psychiater kostet ... und wie sich die Arztrechnung nach ein paar Jahren von Psychotherapie aufsummiert, um an einem Problem zu basteln, das möglicherweise in 1-3 Rückführungen hätte gelöst werden können ... Mir berichtete einmal eine Klientin nachher, dass die eine Rückführung ihr viel mehr geholfen habe, als alle die vielen Therapiestunden beim Psychoanalytiker. Das wird aber der Verfasser niemals gelten lassen ...

 

Er bezeichnet die von ihm heruntergespielten Heilwirkungen durch Reinkarnationstherapie u.a. als ein katathymes/kathartisches Abreagieren. Wie soll ein solches wirklich echt wirksam sein können, wenn es nicht an eine wirkliche Ursache anknüpft? Er hält die Heilwirkung auch als ein Ergebnis von Reframing. Die Technik des Reframings ist ein höchst zweifelhaftes Verfahren, da sie dem Klienten eine Lebenslüge mitgibt. Man lässt ihn glauben, dass das, was wirklich geschah, doch nicht geschehen sei. Jedenfalls nicht so, wie er gemeint hat. Es sei in „Wirklichkeit” anders, aber war eher missverstanden worden. Wie soll eine Lebenslüge echt helfen können? Es handele sich nach Meinung des Verfassers bei den Heilwirkungen eher um Symptomverschiebungen. Ich bin da anderer Meinung, aber wenn es in Einzelfällen wirklich so sein sollte, wäre das nicht doch besser, als die Symptomunterdrückung durch Psychopharmaka? Mit Pillen werden die Hilferufe der Seele zum Schweigen gebracht ...

Die Psychoanalyse ist keine Alternative, da sie erwiesenermaßen gescheitert ist! [3,4]

Angeblich sollen auch Krankheitsverschlechterungen, Ich-Destabilisierungen und induzierte Psychosen nach Reinkarnationstherapie vorkommen. Als ob es das nicht auch nach konventioneller Psychotherapie bzw. Psychoanalyse gäbe! Die Symptomunterdrückung mit Pillen überdeckt (maskiert) allerdings solches Scheitern. Kollegiale Zusammenarbeit hilft, Entgleisungen zu verheimlichen. Jedoch gibt es selbstverständlich sowohl in der Reinkarnationstherapie wie auch in Psychiatrie und Psychoanalyse gute und schlechte Therapeuten sowie Scharlatane. Sollte es also zu einer Entgleisung kommen, liegt das – genau so wie in herkömmlicher Therapie – eher am Ausübenden als an der Therapie selbst. Solche Entgleisungen sind allerdings in der Reinkarnationstherapie selten und deshalb wahrscheinlich nicht öfter vorkommend, als die meistens eher vertuschten in der herkömmlichen Therapie. Was aber in der Reinkarnationstherapie tatsächlich vorkommen kann, ist eine Erstverschlimmerung, so wie in  der Homöopathie. Ist es in der ersten Sitzung (z.B. wegen Widerstände des Klienten) nicht gelungen, das Problem zu lösen, kann es in ungewöhnlichen Fällen zu so einer Erstverschlimmerung kommen. Sie geht im Laufe einer Woche (höchstens zwei) wieder vorüber, und dann ist alles beim Alten. Nun könnte natürlich ein Feind der Reinkarnationstherapie eine solche Erstverschlimmerung als Scheitern herausschlachten wollen … Wie in der Homöopathie ist sie aber eher positiv zu deuten. Sie bedeutet in der Homöopathie, dass das richtige Mittel gefunden ist. Dann kommt es vor, dass die Symptome erst zunehmen, bis sie umkehren und wieder ausklingen. In der Reinkarnationstherapie bedeutet die Erstverschlimmerung, so sie überhaupt vorkommt, dass die wirkliche Ursache des Problems gefunden ist. In einem neuen Anlauf in einer neuen Rückführung wäre deshalb zu erwarten, dass es auch zur Lösung kommt.

Dass „Patienten ihr hypnotisches Erleben nach der Sitzung nicht mehr von ihrem realen Leben unterscheiden können” ist eine ordentliche Übertreibung, die sich ganz und gar nicht in meine über 25-jährige Erfahrung als Reinkarnationstherapeut fügt. Klienten erinnern sich normalerweise ganz gut an das Rückführungserlebnis, das sie an sich auch als real empfunden haben, haben aber keine Mühe, die Erinnerung mit dem normalen Leben zu integrieren. Im Gegenteil sieht man vieles im realen Leben in einem neuen und positiveren Licht. Daraus ableiten zu wollen, dass sie etwa „psychotisch” die Dinge nicht mehr unterscheiden könnten, ist eine üble Nachrede. Aber der Verfasser wünscht wohl, dass sie das Rückführungserlebnis für eine irreale Fantasie halten sollten, und dass sie ihm diesen Wunsch nicht erfüllen, wird der Stein des Anstoßes sein …

 

Der Verfasser behauptet: „Die Heilungsbehauptungen der ‘Reinkarnationstherapie’ bauen außerdem auf einem in der Psychotherapie längst relativierten Prinzip auf: Dass das Wiedererleben eines Traumas dieses auch heilt”. Hier hat Sigmund Freud Vorarbeit geleistet. Bevor er seine eigene Psychoanalyse durch freie Assoziation entwickelte, widmete er sich der Hypnose, in der Absicht, gerade durch Widererleben von Traumata die Nachwirkungen davon zu heilen. Das war ziemlich erfolglos. Die Psychoanalyse ist aber nicht weniger erfolglos … von Freud als „Erfolge“ deklarierte „Heilungen“ erwiesen sich als keine [3] (ein „berühmter“ seiner Fälle ist der „Wolfsmann“, den er als „geheilt“ entlassen hat; eine österreichische Journalistin hat jenen Mann aufgespürt, bevor er in den 70er Jahren starb, der in keiner Weise geheilt war, sondern meinte, dass ihm in Wirklichkeit die Psychoanalyse mehr Schaden als Nutzen gebracht habe [5]). Wo liegt dann der Fehler? Freud hat in beiden Fällen sich um ein eher rationales Sich-Erinnern an ein verdrängtes Trauma bemüht, ohne dass die dabei erlittenen seelenverletzenden Gefühle, Emotionen, wiedererlebt und aufgelöst wurden. Das Wiedererleben der Gefühle und die Auflösung von im unbewussten Ich versteckten negativen emotionalen Energien ist der Schlüssel zur Lösung der Problematik! Ein rationales Rückerinnern ohne (genügendes) Wiedererleben der Gefühle bringt keine wesentliche Katharsis, sondern lediglich eine Erklärung der Problematik. Hier geht die Reinkarnationstherapie weiter und ergänzt das Verfahren. Das im früheren Vorgehen fehlende emotionale Wiedererleben, mit Auflösung traumatisierender Gefühle, ist in einer richtig durchgeführten Reinkarnationstherapie ergänzend hinzugefügt. Außerdem wird die Möglichkeit offen gelassen, dass das Urtrauma des Problems nicht in diesem Leben liegen muss, sondern auch in einem (hypothetischen) früheren zu finden sein könnte. Die Bezeichnung „Reinkarnationstherapie“ ist eigentlich falsch! Viele Rückführungen führen in Traumata in der Kindheit im heutigen Leben hinein, und damit zur Problemlösung. Es muss nicht in ein früheres Leben gehen, aber diese Möglichkeit wird eben offen gelassen. Deshalb ist „Rückführungstherapie“ eine richtigere Bezeichnung.

Interessanterweise gibt der Verfasser viel später in seinem Artikel auch zu: „Tatsächlich hat die Psychotherapie gezeigt, dass längst Vergessenes unser Verhalten weiter unbewusst steuert“. Es geht ja in dem oben Besprochenen eben um das … Nur schafft es die herkömmliche Psychotherapie kaum, Menschen von solchem „Spuk“ schmerzlicher und seelenverletzender verdrängten Erinnerungen echt zu befreien, sondern eher (oder höchstens), besser damit zu leben (nicht zuletzt durch Symptomunterdrückung).

 

Keine Rückschau auf frühere Leben in Nahtoderlebnissen?

Der bekannteste Fall, der dem stark widerspricht, ist der von Stefan v. Jankovich [6], und er ist nicht der einzige … Weitere Kommentare überflüssig (der Verfasser verschweigt einfach solche Fälle, oder er will sie nicht zur Kenntnis nehmen). Nahtoderlebnisse bestätigen auch deutlich und reproduzierbar, dass der Mensch eine Seele hat, die ohne den Körper sein kann.

 

Fehler der Reinkarnationslehre?

Der Verfasser bezeichnet die Reinkarnationslehre als „esoterisch”, obwohl es sie gab, lange, bevor der heutige Begriff „Esoterik” entstand … und behauptet, dass die Reinkarnation als Auffassung in anderen Kulturen eine Art von „Hölle” sei. Die Auffassung von dem Reinkarnationsweg als gottgegebener Erlösungsweg ist aber auch viel älter als die heutige „Esoterik”. Bereits die gnostischen Christen der drei ersten Jahrhunderten hatten diese Auffassung, wie auch andere Kulturen. Hier liegt ein offensichtliches (oder gar strategisch absichtliches?) Missverständnis vor. Seine Darstellung vom Zusammenhang zwischen Reinkarnationslehre und Christentum ist falsch, wie ich in umfassenden Nachforschungen gezeigt habe [7].

Die Psychotherapie hat, wie der Verfasser erwähnt, gezeigt, dass längst Vergessenes unser Verhalten weitgehend sehr steuert. Er bezieht sich hier aber nur auf das Gehirngedächtnis (s.o.). Wenn wie die Existenz einer Seele annehmen, wird das auch für das gelten, was im Seelengedächtnis (s.o.) verborgen liegt!

 

Spontanerinnerungen von Kindern

Diese von Ian Stevenson, Erlendur Haraldsson und Anderen recherchierten Fälle werden – wie könnte es anders sein? – vom Verfasser abgewertet und heruntergespielt. Er bezeichnet sie u.a. als „Besessenheit“. Dass so etwas in gewissen Fällen vorkommen kann, ist nicht abzustreiten – ein möglicher Fall ist der oben erwähnte von Jasbir. Es kann aber auch anders liegen. Bemerkenswerterweise hat Stevenson einige Fälle beschrieben, in welchen die als „früheres Leben“ beschriebene Person nach der Geburt des Kindes starb. Hierbei ist aber zu bedenken, dass in den meisten solchen Fällen das Kind die „Erinnerung“ erst nach einer schweren Krankheit oder einem Unfall hatte, oft mit Bewusstlosigkeit verbunden. Das deutet auf eine andere Möglichkeit hin, mit welcher die Schulwissenschaft ihre Mühe haben wird. Es geht um „Walk-In“. Was ist das?

Wenn ein Mensch stirbt, verlässt seine Seele den Körper. In seltenen Fällen kann dann eine andere Seele den Körper übernehmen, ähnlich wie man einen „Gebrauchtwagen“ übernimmt. Die Person wacht dann doch zum Leben auf und die Umwelt betrachtet den Fall als einer von „vorübergehend klinisch tot“ sein. Man weiß nicht, dass die Person in dem Sinne wirklich starb, dass ihre bis zum Vorfall vorhandene Seele nicht mehr da ist, denn sie ist wie bei jedem Tod weggegangen. Der Mensch ist nun eine andere Person, da sie nun eine andere Seele hat, nur mit dem gleichen Körper. Sie weiß es aber auch selbst nicht, da sie im bewussten Ich aus dem Gehirn-Bewusstsein heraus agiert und funktioniert, in dem auch ihr der Seelenaustausch unbewusst ist. In jenem Gehirn-Gedächtnis liegt ja wohlbehalten und „zugriffbereit“ auch die ganze Erinnerung vom Leben des Körpers vor den Vorfall. Die Person wundert sich aber, wie sie vorher so hat leben können, wie sie tat, denn nun hat sie ja ganz andere Interessen! Es handelt sich hier nicht um eine „Besessenheit“, denn in einem solchen Fall sind zwei Seelen da – die ursprünglich zum Körper gehörende und eine zweite, hinzugekommene.

Dies bedeutet aber nicht, dass es bei allen Fällen von „vorübergehend klinisch tot“ sein so ist, sondern nur in einer kleinen Minderheit solcher Fälle. So wie die obengenannten Fälle von Stevenson beschrieben werden, denkt man unwillkürlich an Fällen von „Walk-In“.

Er „bemängelt“ auch, dass viele dieser Kinder im Vorleben angeblich gewaltsam und plötzlich starben. Das würde das Herumirren der Seele, bis zu einem „Besetzen“, begünstigen. Es wird aber in Wahrheit eher so sein, dass eine so gestorbene Seele oft rascher wieder inkarniert (oder möglicherweise zum „Walk-In“ wird, wenn sich eine Gelegenheit dazu bietet), als eine friedlich gestorbene. Dass dann jene Kinder häufig an Phobien leiden, hängt natürlich und völlig logisch mit dem gewaltsamen Tod zusammen. Es handelt sich dann um typische Fälle, die für eine Reinkarnationstherapie geeignet sind!

Die Schlussfolgerung des Verfassers von einer „Fehlinterpretation“ wird in sich selbst eine ebensolche sein …

 

Was Hinweise auf Studien von Edwin S. Zolik betrifft: Siehe mein Artikel Rückführungstest näher untersucht.

 

Schlusswort

Dieser Artikel wird in einem doppelten Zusammenhang zu sehen sein.

1. Wie sehr gut bekannt ist, führt die Schulmedizin einen Kampf gegen „alternative“ – besser: Komplementäre – Heilweisen. Es geht hierbei größtenteils um Konkurrenzdenken und Futterneid, welche an sich Symptome eines therapiebedürftigen „berufsgeschädigten Verhaltens“ sind! Dann führt noch seit Jahren die chemisch-pharmazeutische Industrie einen Guerillakrieg gegen alles, woran sie nicht mit ihren Pillen mitverdient – Naturmedizin aller Art sowie alle Therapieformen, die ohne Pillen und Apparatemedizin auskommen (vgl. diesen Artikel, und diesen). Hier geht es um Monopolisierung, Marktbeherrschung und den am meisten verehrten Gott der heutigen Welt, nämlich Mammon …

2. Da der Verfasser, wie ich erst viel später erfahren habe, auch ein neuapostolischer Christ ist, ist sein Artikel natürlich auch im Zusammenhang mit den Bemühungen zu sehen – die vor allem in freireligiösen Kreisen ausgeprägt sind – um alles was in irgendeiner Weise mit Reinkarnation zu tun hat zu bekämpfen und es als „des Teufels“ zu bezeichnen …

 

„Die Klugheit ist ein Greis,

so Umsichtig und Klug,

dass Rosen und Akeleien erfrieren.

Die Dorfbewohner lernten sein ABC-Buch,

da schwand aus ihren Augen das Leuchten.“

Aus dem Gedicht „När skönheten kom till byn

[„Als die Schönheit zum Dorf kam“]

vom schwedischen Dichter Nils Ferlin“

 

 

Referenzen:

  1. Linda Tarazi: Under the Inquisition, an Experience Relived, Hampton Roads, Charlottesville VA, 1997;         
    vgl. auch:         
    Robert L. Snow: Als ich Carrol Beckwith war. Spurensuche einer Reinkarnation, Wilhelm Heyne, München, 2000;
    und:
    Bruce Goldberg: The Search for Grace, Llewellyn, St. Paul MN, 1997,          
    womit nur einige Beispiele erwähnt sind.
  2. Jan Erik Sigdell: Reinkarnationstherapie, Heyne Taschenbuch, München, 2005;         
    vgl. auch:         
    Jan Erik Sigdell: Rückführung in frühere Leben – Praxisbuch, Ansata, München, 2004.
  3. Le Livre Noir de la Psychanalyse [Das Schwarzbuch der Psychoanalyse], hg. von Catherine Meyer (mit Beiträgen von vielen Verfassern auf 820 Seiten!), les arènes, Paris, 2005.
  4. Edward R. und Cathey Pinckney: The Fallacy of Freud and Psychoanalysis, Prentice-Hall, Englewood Cliffs NJ, 1965.
  5. Karin Obholzer: Gespräche mit dem Wolfsmann, Rowohlt, Reinbek, 1983.
  6. Stefan v. Jankovich: Reinkarnation als Realität, Drei Eichen, Ergolding, 1992.
  7. Jan Erik Sigdell: Reinkarnation, Christentum und das kirchliche Dogma, Ibera, Wien, 2001.