Kommentare zu den Texten über Reinkarnation auf der
Webseite www.relinfo.ch/index/reinkarnation.html von Jan Erik Sigdell 12.03.2006 1. “Barbro Karlén - die wiedergeborene Anne Frank?” Der
Artikel von Georg Otto Schmid steht seit 1998 auf der Webseite, wodurch er
nicht wahrer wird. Man merkt die Mühe, die der Verfasser des Beitrages hat,
um die Darstellung von Babro Karlén als unglaubwürdig darzustellen. Zuerst
versucht er es mit einem altunbewährten Trick, der meistens eher zum Eigentor
wird: Sie aufgrund einer sexuellen Geschichte zu diskreditieren. Sexualität,
pfui! – also nicht glaubwürdig … Es geht um eine kurze Liaison mit ihrem Chef.
Das als Argument herbeizuziehen zu versuchen ist unfair und zeugt von
Argumentennot … Dann versucht er, von den sehr vielen Angaben im Buch
nur drei – mehr findet er scheinbar nicht – als unwahrscheinlich darzustellen.
Es handelt sich um Angaben über Ereignisse mit SS-Leuten im KZ, die wirklich
keine Bedeutung in diesem Zusammenhang haben. Die SS als “gewissenhafte
Organisation” darstellen zu wollen, ist kein Einwand, sondern eher in sich selbst
eine Verleumdung des Holocaust … Es wird kritisiert, dass Barbro Karlén sich erinnere,
im KZ am lebendigem Leibe verbrannt geworden zu sein, denn Anne Frank sei ja
statt dessen an Typhus gestorben. Mir hat Barbro Karlén persönlich Folgendes
erzählt: Es war ihr schrecklich kalt, und sie beklagte sich bei einem Aufseher,
dass sie friere. Jener sagte ihr: “Ich werde dafür sorgen, dass es dir warm
wird”, und dann kam sie todkrank aber noch lebendig in den Ofen. Also dürfte
beides zutreffen: Typhuskrank in Fieber frierend und deshalb grausam verbrannt.
Ein Widerspruch liegt nicht vor. Der wiedergekaute Vorwurf, dass diese Veranstaltung
den Holocaust verharmlose, gilt nicht. Im Gegenteil macht diese Erinnerung an
Leid und Tod im KZ – so wie die vielen anderen, die es auch gibt (worunter
viele in Rückführungen) – den Horror des Holocaust erst recht deutlich. Hier
haben wir es ja mit (zumindest hypothetischen) Augenzeugen- und
Erlebnisberichten zu tun, welche die Lüge über die sog. “Auschwitzlüge”
außerdem entlarven. Der Horror würde, gemäß dem Verfasser, etwas von seinem
Schrecken verlieren: “Es war zwar furchtbar, aber es geht ja weiter”. Ja, soll
es denn nicht weiter gehen? Dürfen jene Seelen nie vom Schrecken erlöst werden? Die
Reinkarnationslehre würde die einzelne Biografie durch die
Aneinanderreihung
vieler entwerten. Historische Geschehnisse würden jede Bedeutung einbüßen.
Einmaliges würde unwichtig, unfaire und auch schreckliche Konstellationen
unerheblich oder gar wünschbar, da sie Karma abtragen helfen. Da bemüht er sich
sehr, um die Sache taktisch zu missverstehen. Da die Seele unsterblich ist und
eine Lebenserfahrung auf die andere baut, wird eine sich “akkumulierende”
Biografie der Seele immer vollständiger, bis sie für die endgültige
Auferstehung reif ist. Die einzelnen Inkarnationen stehen in einem Zusammenhang
und machen die Bausteine aus, woraus die Auferstehungspersönlichkeit aufgebaut
wird und heranwächst. Da ist kein einzelnes Leben und keine einzelne Erfahrung
bedeutungslos, sondern sie sind wichtige Glieder einer Kette, denn ohne sie
würde die Kette reißen. “Besonders zynisch wirkt in diesem Zusammenhang eine
Aussage wie diejenige von Jan Erik Sigdell, dass die Reinkarnationstheorie
geeignet sei, das Böse in der Welt durch Karmatheorie zu erklären.” Trotz
meinem Versuch, ihn schon vor Jahren darüber aufzuklären, steht immer noch
dieser Irrtum im Text. Ich habe geglaubt, Ehrlichkeit sei eine christliche
Tugend … Es ging nicht um das Böse, sondern um das Leid in der Welt. Das
Leid (also noch einmal: Nicht das Böse) kann tatsächlich in der Karmalehre eine
Erklärung bekommen. Welche Erklärung hätte Georg Otto Schmid denn? Eine
Erklärung braucht es wirklich, denn die allergrausamste von allen alternativen
Möglichkeiten wäre, ohne Grund zu leiden! Das würde Gottes Liebe sehr infrage stellen
… Es ist nicht in Ordnung, eine Erklärung zurückzuweisen, ohne
dafür eine bessere zu bringen. Was viel mehr zynisch erscheint, ist die Äußerung vom
Theologieprofessor Ekkehard Stegemann (Basel), dass mit der Reinkarnationslehre
und mit jener Veranstaltung Wiedergutmachung mitschwinge, die es in der
Realität nicht gäbe: “... die Erschlagene sind erschlagen, und das wird so bleiben”
[1]. Sollen also jene Seelen als Mahnmal ewig daran leiden? Soll man ihnen eine
Wiedergutmachung verwehren? Ist das die christliche Liebe? Zur bemerkenswerten
Aufregung über die Veranstaltung mit Barbro Karlén habe ich ein Manuskript,
das hier als eine PDF-Datei heruntergeladen werden kann: War
Barbro Karlén wirklich Anne Frank? Referenz: 1.
“Holocaust, esoterisch aufgekocht”, Tages-Anzeiger,
Zürich, 15.5.1998. Siehe
auch den öffentlichen Leserbrief an die Basler Zeitung vom schweizerischen
Anwalt David Schweizer: “Reinkarnation
im Judentum anerkannt”. 2. Reinkarnationstherapie von
Joachim Finger, 1999 Am
Anfang werden einige an sich ziemlich richtige Bemerkungen zur
Reinkarnationstherapie aufgeführt, wobei er allerdings außer Acht lässt, dass
eine Rückführung oft auch in Kindheitserlebnisse im heutigen Leben führt.
Deswegen verwende ich weiterhin nicht die Bezeichnung “Reinkarnationstherapie”
(außer in Zitaten vom Verfasser jenes Artikels), die in solchen Fällen ja nicht
zutrifft, sondern “Rückführungstherapie”. Dann fängt es an zu hinken: “Die
Reinkarnationstherapie geht davon aus, dass die auftretenden Bilder, Gefühle,
Situationen mit vergangenen Leben zu tun haben”. Richtiger ist, dass man das
für möglich hält – sofern es sich nicht um ein Kindheitserlebnis handelt – und
dass die KlientInnen es meistens spontan so erleben, ohne dass man es ihnen
einredet. Wenn es also so erlebt wird und sowohl KlientIn wie der Rückführende
den Glauben an die Reinkarnation teilen, gehen wir nicht wie die Katze um den
heißen Brei, sondern nehmen es hypothetisch so an, wie es nun einmal aussieht
und erlebt wird. Demnach wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass eine
“Bewusstseinsreise” über Geburt und Zeugung in die Vergangenheit zurück führen
kann. Das ist auch eine Frage von Glaubens- und Meinungsfreiheit. Wenn es
jemand anders meint, ist das auch ein Glaube. Es
ist wahr, dass “die im Westen verbreitete Vorstellung von
Seelenwanderung/Wiedergeburt nicht mit den Vorstellungen des Hinduismus und des
Buddhismus in eins zu setzen” ist. Daraus lässt sich aber gar nicht ableiten,
dass “die Reinkarnationstherapie beruht auf einen sehr eingeschränkten Horizont
der Wahrnehmung des Reinkarnationsgedankens, ohne dies zu deklarieren”. Im
Gegenteil liegt eine erhebliche Erweiterung des Horizonts vor, da die westliche
Reinkarnationslehre in vielem über die anderen Reinkarnationsvorstellungen
hinaus geht und in mancher Hinsicht differenzierter ist. Sie ist auch – trotz
massiver Bemühung von kirchlicher Seite her, um das Gegenteil zu “beweisen” –
eindeutig mit der urchristlichen Lehre vereinbar, was ein Grundthema dieser
Webseite ist. Für den Verfasser scheint aber als einzige “Horizonterweiterung”
zu gelten, dass es keine Reinkarnation gäbe … “Seriöse Therapie sollte sich auch Gedanken darüber
machen, was denn das ist, was in der Sitzung auftaucht.” Das tun wir auch! Nur
machen wir uns darüber auch Gedanken, die für den Verfasser nicht zulässig
sind … Wir sind uns sehr gut bewusst, dass Erinnerungen von einem körperlichen
Leben zum anderen sehr wohl mit dem Seelengedächtnis transportiert werden
können. Oder soll denn die Seele kein Gedächtnis haben? Soll denn unsere Seele
nach dem Tod des Körpers in dem Sinne auch “tot” sein, dass sie sich an nichts
mehr erinnert? Wozu wäre sie in dem Fall verkörpert gewesen? Umsonst? Und wenn
eine Seele sich wieder verkörpert – ob der Verfasser daran glaubt, oder nicht –
sollte spätestens dann jene Erinnerung endgültig verloren gehen? Oder behält
sie die Seele immer noch? Wenn nicht, was hätte dann eine Wiederverkörperung
für einen Sinn? Es ist doch klar, dass wenn wir von Reinkarnation als
Arbeitshypothese ausgehen, was uns niemand verbieten kann, dann wird die Seele
ihre Erinnerung zwangsläufig in eine neue Verkörperung mit herüberbringen. Er weist darauf hin, dass ein seelisches Vehikel im
buddhistischen Modell fehle. Sollen nun auf einmal buddhistische Lehrmeinungen
herhalten, wo wir uns doch in einem christlichen Zusammenhang bewegen? Wie
reimt die Vorstellung von zusammengesetzten Seelen mit dem christlichen
Glauben? Ist im kirchlichen Dogma der Horizont nicht sehr viel enger, als nach
der Reinkarnationshypothese? Das Kreuz würde überflüssig. Woher, denn? Es sei
grausam, Leidenden zu sagen, ihr Leiden diene dem geistigen Wachstum, oder sie
hätten sich es sogar ausgesucht, oder es sei von einem wohlmeinenden Gott
verordnet. Hier erhebt sich wieder (wie oben) der an den Verfasser gerichtete
Anspruch auf eine Erklärung! Solange er nicht eine bessere Erklärung für das
Leid hat, ist die des Karmas wirklich besser als keine. Sonst würden ja Menschen
ohne Grund leiden, was wirklich zynisch und grausam wäre! Was hilft da das
Kreuz? Dass Menschen “ihr Kreuz zu tragen hätten” ist eine zynische
Verniedlichung der von Leid verschonten … “Wenn Leiden … dem Wachstum dienen, warum soll man sei
dann durch eine Therapie abkürzen?” Was hat das mit Rückführungstherapie zu
tun? Würde man es so betrachten, wäre jede Therapie und jede Krankenbehandlung
falsch! Ärzte gehörten abgeschafft und Krankenhäuser geschlossen
… Es ist eine
christliche Pflicht, dem Leidenden im Rahmen des Möglichen zu helfen! Nur darf
es ausgerechnet nicht durch Rückführungstherapie sein, sondern kann der
Leidende nicht in anderer Weise davon erlöst werden, dann soll er halt weiter
leiden … Das klingt ja hier mit … Die Antwort an den Verfasser ist, dass wenn der
Leidende in der Hilfeleistung eine Liebe erfährt, zu der er vorher selbst nicht
fähig war, ist ihm das sehr lehrreich. Und würde die Hilfebemühung nicht
gelingen oder nicht angenommen werden, kann man erst dann davon sprechen, dass
es wohl nicht sein sollte. Er
behauptet dann, dass Rückführungstherapeuten für das inhaltliche Geschehen
keine Verantwortung übernehmen würden. Was soll das heißen? Was wäre für ihn
die “Verantwortung”? Es etwa als unwahr zu bezeichnen und der Person einreden,
das sei nur Fantasie? Und damit eine erstrebte therapeutische Wirkung wie das
Kind mit dem Bade ausschütten? Entscheidend ist und bleibt, inwieweit es der
Person tatsächlich hilft, ihr Problem zu lösen, alles andere ist dem gegenüber
zweitrangig. Die “hochsuggestive Situation” der Therapieform gilt
höchstens und nur potenziell für eine triefe hypnotische Rückführung. Heute
werden Rückführungen normalerweise ohne Hypnose durchgeführt. In einer richtig
durchgeführten Rückführung wird nicht etwa ein “früheres Leben” suggeriert,
sondern man geht voraussetzungslos (also auch ohne die einschränkende
Voraussetzung, dass es in diesem Leben sein müsse) zum “Urtrauma” des Problems
zurück. Viele landen dabei in der heutigen Kindheit. Manche in der Zeit im
Mutterleib vor der Geburt. Andere berichten spontan von etwas, das allem nach
wie ein Geschehen in einer Zeit aussieht, die lange zurückliegt. Es wird als
echt erlebt. Der Verfasser würde also der Person das ausreden wollen und damit
vorwegnehmend das therapeutische Ziel gleich verbauen. Dabei ist doch gerade
der therapeutische Erfolg – dem erst dann eine Chance gegeben wird, wenn man
das auftauchende Erlebnis als eine hypothetische Möglichkeit zulässt –
ein bedeutendes Indiz für die Deutungshypothese “früheres Leben”! Er will es nicht wahr haben, dass
Rückführungstherapeuten meistens recht gut zwischen “Fantasiebildern” und
historischen Erlebnissen unterscheiden können. Es wird wohl schon sein, dass es
nicht jeder kann. Wer aber eine jahrzehntelange Erfahrung hat, hat es gelernt,
auch wenn es ihm der Verfasser nicht anerkennen will. Das hat nun einmal gar
nichts mit “Allmachtsfantasien” zu tun! Und in einer richtig geführten
Rückführung (zugegebenerweise werden nicht alle richtig geführt sein) auch
nichts mit “Machtgefälle”. Die Funktionsweise der Übertragung von Erinnerungen
von einem Leben zum anderen ist tatsächlich durchdacht und in der Literatur
dargestellt. Es ist nur so, dass der Verfasser mit dem Ergebnis des
Durchdachten nicht einverstanden ist, weil es nicht in sein vorgefasstes
Weltbild passt. “Es kann nicht genug betont werden, dass nicht jede
therapeutische Methode für jedes Problem und jeden Klienten geeignet ist” ist
natürlich wahr! Das trifft auf die Rückführungstherapie genauso gut wie auf
herkömmliche Therapieformen zu, wo in der Hinsicht kein Unterschied herrscht.
Tatsache ist, dass vielen Menschen viel mehr von der Rückführungstherapie
geholfen wurde, als von anderen Therapien. Umgekehrt werden viele eher von
herkömmlichen Therapien geholfen. Gerade deshalb haben alle Therapieformen,
auch die Rückführungstherapie, ihre Existenzberechtigung. Niemand behauptet,
dass die Rückführungstherapie ein Allheilmittel sei, denn ein solches gibt es
nicht. Eine
“Ausbildung” von sechs Tagen? Das hängt natürlich davon ab, wie der Kurs
angeboten wird. Bei einem seriösen Angebot wird nicht behauptet, dass der
Kursteilnehmer am Tag nach dem Kursabschluss etwa ein “Rückführungstherapeut”
sei. Wer sich sofort nachher als einen solchen ausgibt, wird daran scheitern.
Der seriös angebotene Kurs gibt nur den Teilnehmern einen “Werkzeugkasten” mit
und sie müssen natürlich erst damit üben, bis sie fühlen, dass sie damit
umgehen können. Die meisten haben bereits irgendeine therapeutische Tätigkeit
und damit eine erste Basis für das Einüben. Nur handelt es sich oft um Formen
von therapeutischen Tätigkeiten, die der Verfasser nicht gelten lassen will.
Eine sehr umfassende Erfahrung zeigt, dass man durch das Sich-Einüben der
Person, die sich dafür freiwillig zur Verfügung stellt, keinen Schaden zufügt.
Man lese hierüber mehr im Text unter “Hinweise für
Rückführungen und Regressionstherapie” auf dieser Webseite. 3.
Reinkarnation und die Bibel von
Georg Schmid, 1998 Ich bin mit der
Aussage einverstanden, dass es wahrscheinlich keine wesentliche
antireinkarnationistische Überarbeitung der Bibeltexte gegeben hat, sofern wir uns
an die alten Sprachen (Griechisch und Hebräisch) halten. Es ist aber eine
andere Frage, wie sie in moderne Sprachen übersetzt werden. Es wird
offensichtlich nach dogmatischen Vorgaben übersetzt, die bestimmen wollen, wie
der Text verstanden werden soll. Es wird uns unterschlagen, dass an manchen
Stellen auch anders übersetzt werden kann, wodurch die Stelle eine andere
Bedeutung bekommt. Siehe hierzu mein Buch Reinkarnation, Christentum und das
kirchliche Dogma (Abschnitt “Bücher” auf dieser Webseite) und “Widersprüche
oder Indizien in der Bibel?” im Artikel Rückführung
auf dieser Webseite sowie meine Artikel Neue
Gedanken zu alten Bibelstellen und
Zur
Übersetzung von hapax apothanein als „einmal sterben” im Hebräerbrief 9,27 und auch
Kommentare
und Ergänzungen zu Reinkarnation,
Christentum und das kirchliche Dogma.
Solche sprachlich gültige Übersetzungsalternative
zulassend, lassen sich sehr wohl einige zumindest potenzielle Hinweise auf den
Reinkarnationsglauben in der Bibel finden. “Heute soll sich Nacht in Licht verwandeln
… ” Wo
sehen wir das? Es handelt sich um einen sehr langsamen Prozess, der seit
Jahrtausenden im Gange ist und heute möglicherweise in einer nicht allzu fernen
Zukunft beschleunigt werden kann. “Heute” ist nur ein Abschnitt dieses
Prozesses, zu welchem deshalb auch das Vergangene gehört. Keiner hatte unendlich viele Vorleben. Aber viele
hatten Hunderte. Das Karma wirkt sich, je weiter zurück die Ursache liegt, um
so weniger heute aus. Altes Karma ist meistens schon erledigt und die Lektionen
daraus sind gelernt. Was uns heute beeinflusst ist meistens ein verhältnismäßig
junges Karma. Es geht nicht um einen Neuanfang, sondern um eine fortschreitende
Entwicklung. Dabei geht es nicht um einen Fatalismus, sondern darum, wie wir in
bestimmten Situationen wählen zu handeln. Gute Handlungen haben gute Folgen,
schlechte haben schlechte Folgen. Ich habe die Wahlfreiheit, wenn um das
Handeln geht, aber sie geht nicht so weit, dass ich dann die Folgen wegwählen
kann. Alles oder nichts! Ich kann nicht die Rosinen aus dem Kuchen pflücken und
den Rest wegwerfen. Ich muss ihn ganz essen, so wie ich ihn gebacken habe. Die
grundsätzliche Wahlfreiheit widerspricht jedoch den Vorwurf von Fatalismus. Das
eigene Schicksal ist als Folge einer Handlungswahl mitgewählt. 4.
Anfang und Ende des Glaubens an die Reinkarnation von
Georg Schmid, 1988 Der
Text ist taktisch raffiniert aufgebaut. Zuerst wird dem Leser ein
historisch-philosophisches Verständnis dafür aufgebaut, wie es in der Welt zu einem
Reinkarnationsglauben gekommen ist, dann wird das aufgebaute Stück für Stück
abgebaut, sodass der Leser mit der Überzeugung da stehen soll, dass der
Reinkarnationsglaube ein Irrtum der Menschheit sei. Es
ist wahr, dass die Rückerinnerung an frühere Leben, seit die Menschheit solche
Rückerinnerungen kennt, auch (nicht nur) Früchte eines mystischen Weges sind.
Solche Rückerinnerungen gab es zu allen Zeiten und in den frühesten Kulturen.
Manche Erlebnisse christlicher Mystiker lassen zwischen den Zeilen ahnen, dass
auch sie möglicherweise solche Rückerinnerungen hatten, nur in Allegorien
eingewickelt, da sie sich sonst den Gefahren der Inquisition aussetzen könnten.
Jedoch hatten nicht nur Mystiker und Yogis solche Rückerinnerungen, sondern
auch gewöhnliche Menschen. Das kommt heute noch vor. Es ist auch wahr, dass der Glaube an die Reinkarnation
in einer weitgehend orientierungslosen Zeit Orientierung schenkt, und dass der
biblische Glaube eher für eine Minderheit der Menschen eine Orientierungshilfe
ist – womit ich die Bibel nicht abwerten will! Die Reinkarnationslehre gibt uns
Antworten auf Fragen, wie “Wo komme ich her?”, “Wo gehe ich hin?”, “Wer bin
ich?” Wenn er aber schreibt: “Der Glaube an die Reinkarnation ist sicher
nicht die schönste Frucht am Baum der Mystik”, frage ich mich: “Warum?” Ich
finde es besonders schön, dass sie eben solche Fragen beantwortet und zusammen
mit dem freien Willen außerdem eine Lösung des Theodizee-Problems gibt, wovon
die kirchliche Lehre keine Lösung hat. (Für eine ausführliche Besprechung
dieses theologischen Problems, siehe mein oben erwähntes Buch Reinkarnation,
Christentum und das kirchliche Dogma). Was die Reinkarnationslehre und die Bibel betrifft,
siehe oben (und auch das genannte Buch). Er schreibt, dass die Antwort des Christentums: “Gott
liebt dich. Er kennt dich. Er sorgt sich um dich” vielfach ungehört und
unverstanden bleibt. Es ist auch wirklich schwer, sie in Einklang mit der auch
grausamen, gewaltsamen und leidvollen Realität unserer Welt in Einklang zu bringen.
Wenn Gott uns liebt, wie kann es dann so viel Lied geben? Das ist eben das
Theodizee-Problem! Ein altes theologisches Problem, woran die kirchliche
Theologie scheiterte. Sie gab dann die Versuche auf und erklärte, dass dies dem
menschlichen Verstand übersteige, womit die Frage eher unter den Teppich
gekehrt wurde. Er gibt zu, dass Erlebnisse u.a. in Rückführungen mit
wahren Ereignissen in der Vergangenheit zu tun haben können, stellt aber das
Deutungsmuster Reinkarnation infrage. Es könne sich ebenso gut um hellsichtige
Wahrnehmungen der Vergangenheit handeln. Dieser Einwand ist nicht neu und es
ist nicht auszuschließen, dass die Erklärung in manchen Fällen zutrifft. Aber
tut sie es immer? Ein besonders starkes Indiz dafür, dass es zumindest oft nicht
nur hellsichtig Erschautes sein dürfte, ist der Erfolg der
Rückführungstherapie. Wenn eine Person von Schlangenphobie anhaltend frei wird,
weil sie wiedererlebt, wie sie in einem hypothetischen früheren Leben an einem
Schlangenbiss starb und die damaligen negativen Gefühlsenergien auflöst, kann
das nicht gut dadurch erklärt werden, dass sie “hellsichtig” ein solches
Schicksal einer ganz anderen Person erschaute. Das wäre viel zu weit hergeholt.
Die Erfahrung wird doch mit der Seele der Person selbst zu tun haben, wenn sie
erstens die heutige Phobie erklärt und zweitens das Erlebnis sie auflöst.
Gegner wollen aber von solchen Therapieerfolgen nichts wissen, da sie für sie
schwer verdauliche Indizien bedeuten. Die Behauptung von derart intensiven und
detaillierten hellsichtigen Einsichten in das Leben einer anderen Person, und
immer eine, die vor der eigenen Geburt starb, ist nicht weniger fantastisch als
die der Reinkarnation der Seele. “Der
Glaube an die Reinkarnationen bricht zum ersten Mal auf in der frühen
Philosophie der Upanishaden” – das stimmt nicht. Es gab den Glauben in
verschiedenen Formen in fast allen alten und noch älteren Kulturen, auch in
solchen, die gar keinen Kontakt mit Indien haben konnten. Der Unterschied ist
nur, dass der Glaube in Indien überlebte, während er in anderen Kulturen und
Religionen mit der Zeit in oder mit der Kultur unterging. Er konstruiert einen
Unterschied zwischen Wiedergeburt und “Weitergeburt”, um diese Tatsache
abzuwerten. Der Unterschied ist aber nicht wesentlich. Auch was er als
“Weitergeburt” bezeichnet, ist eine Form von Reinkarnation. Der Begriff scheint
weitgehend seine eigene Erfindung zu sein und ist sonst kaum zu finden,
jedenfalls nicht in jenem Sinne. Er meint, dass die Reinkarnationslehre einen Glauben ermöglicht,
ohne einen Gottesglauben zu verlangen. Das ist widersprüchlich! Die
Reinkarnation setzt notwendigerweise die Existenz einer Seele voraus, eines
bewussten Ichs, das keinen physischen sondern einen seelischen Körper hat, sich
jedoch in Intervallen mit einem physischen Körper verbindet. Wo kommt denn
diese Seele her? Dieser Frage nachzugehen, wird zu einem Gott führen, der die
Seele erschaffen hat! Der Versuch, die Reinkarnationslehre als im Grunde
atheistisch darzustellen, verfehlt das Ziel. Auch der Versuch zur Umkehrung gelingt nicht. Es gibt
keinen logischen Grund für die Behauptung, dass in einer Welt mit ungebrochenem
Gottesglauben, in der ein göttlicher Wille bestimmt, es keinen Anlass für den
Glauben an Karma und Reinkarnation gäbe. Eher umgekehrt: Gott hat uns diesen
Entwicklungsweg erschaffen, sodass am Ende keine Seele verloren geht. Jede
Seele findet zurück in die göttliche Welt, die eine schneller, die andere auf
vielen Um- und Irrwegen. Es gibt keine ewige Verdammnis. Das ist die Gnade und
die göttliche Liebe in dieser Lehre. Was in der Meditation geschieht, ist in diesem
Zusammenhang ziemlich uninteressant, da Rückblickserlebnisse keineswegs
Meditation voraussetzen und nicht einmal sehr häufig in Meditationen vorkommen.
Sicher kommen solche Einsichten in Meditationen vor, was eher die Sache
bestätigt und nicht Voraussetzung für die Rückerinnerung ist.
“Erleuchtete glauben nicht mehr an die Wiedergeburt” ist eins sehr gewagte
Behauptung! Sie werden es viel besser wissen, als der Verfasser (von dem ich
nicht annehme, dass er erleuchtet ist), und sie wissen, dass sie die
Wiedergeburt überwunden haben. Sie sind (zumindest fast) am Ende des langen
Weges angekommen. Gerade sie werden nicht mehr wiedergeboren werden müssen, denn
sie haben es bereits hinter sich. Das haben wir nicht … “Wenn christliche Mystiker Rückerinnerungen an frühere
Leben hatten, so hätten sie diese sicher als eine Prophetie rückwärts
verstanden.” Hier darf man nicht vergessen, dass man im Mittelalter allzu
leicht auf dem Scheiterhaufen oder in den Folterkammern der Inquisition enden
konnte, würde man über die Reinkarnation sprechen. Es war eine Frage des
Überlebens, wenn jemand solche Einsichten hatte, diese für sich zu behalten
oder sie derart in allegorische Formulierungen einzuwickeln, dass nur der
Eingeweihte verstand, worum es wirklich ging. Was ist die Zeit? Er will auch Rückerinnerungen
gewissermaßen als Zeitparadoxen erklären, als deshalb nur scheinbare
Vergangenheiten, da er zu glauben meint, dass es eigentlich keine Vergangenheit
gibt. Irgendwo wäre alles jetzt. Das meinen viele und es gibt keinen Zweifel,
dass unsere lineare Zeitvorstellung nicht mehr als eine Annäherung an die
Wahrheit ist. Bedeutet das aber, dass es keine Vergangenheit und keine Zukunft
gäbe? Warum sollten wir uns dann auf (zumindest mögliche) zukünftige Geschehen
vorbereiten? Zum Beispiel auf eine Pandemie der Vogelgrippe? Warum sollte ich
mich dann um eine Entwicklung bemühen, wenn ich keine Zukunft hätte? Oder wenn
mein “zukünftiges Ich” schon da und somit eigentlich bereits vorbestimmt wäre,
mir nur in der Verwirrung des Zeiterlebnisses in diesem Moment nicht erfassbar?
Das heißt dann “noch nicht” erfassbar, und darin liegt schon eine zeitliche
Formulierung … Die Wahrheit dürfte sein, dass die Zeit in Wirklichkeit viel mehr
ist, als der lineare Ablauf, als welcher wir die Zeit erleben, aber dass das
noch lange nicht heißt, das es keine Vergangenheit, keine Zukunft und keine
Kausalität gäbe. Es gehört nur mehr dazu, als wir heute wissen. Der
Anfang des Reinkarnationsglaubens liegt am Ursprung der Menschheit und sein
Ende liegt dort, wo alle Menschen auferstanden sein werden. In einer Zukunft,
die es doch geben wird, wenn auch ein bisschen anders, als wir sie uns
vorstellen. 5. Die Website www.relinfo.ch/index/reinkarnation.html
verlinkt auch zu einem Artikel von Johannes Aagaard (nicht Aargaard, wie
der Übersetzer aus den Dänischen sich offensichtlich geirrt hat) über “Reinkarnation
(Seelenwanderung)”. Dieser Artikel ist auf der Webseite
www.religio.de/dialog/395/395s13.html
zu finden und wird im Zusammenhang mit jener
Webadresse besprochen. Siehe ihr Buch: “… und die Wölfe heulten”, Perseus, Basel, 3. Aufl. 1998